Donnerstag, 29. Dezember 2011

85. Todestag von Rainer Maria Rilke

Rainer Maria Rilke (4. Dezember 1875 in Prag - 29. Dezember 1926 im Sanatorium Valmont bei Montreux, Schweiz; eigentlich René Karl Wilhelm Johann Josef Maria Rilke), Österreichischer Dichter und einer der bedeutendsten Lyriker deutscher Sprache, dessen Werk vielfach vertont wurde.

Wikipedia

Oskar Werner liest von Rilke "Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort"

Musik

Wüsste ich für wen ich spiele, ach!
immer könnt ich rauschen wie der Bach.

Ahnte ich, ob tote Kinder gern
tönen hören meinen innern Stern;

ob die Mädchen, die vergangen sind,
lauschend wehn um mich im Abendwind.

Ob ich einem, welcher zornig war,
leise streife durch das Totenhaar...

Denn was wär Musik, wenn sie nicht ging
weit hinüber über jedes Ding.

Sie, gewiss, die weht, sie weiss es nicht,
wo uns die Verwandlung unterbricht.

Dass uns Freunde hören, ist wohl gut -,
aber sie sind nicht so ausgeruht

wie die Andern, die man nicht mehr sieht:
tiefer fühlen sie ein Lebens-Lied,

weil sie wehen unter dem, was weht,
und vergehen, wenn der Ton vergeht.


Herbsttag

Herr, es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.
Befiehl den letzten Früchten, voll zu sein;
gib ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin, und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.
Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.


Oskar Werner rezitiert:



Liebeslied

Wie soll ich meine Seele halten, daß
sie nicht an deine rührt? Wie soll ich sie
hinheben über dich zu andern Dingen?
Ach gerne möcht ich sie bei irgendwas
Verlorenem im Dunkel unterbringen
an einer fremden stillen Stelle, die
nicht weiterschwingt,wenn deineTiefen schwingen.
Doch alles, was uns anrührt, dich und mich,
nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich,
der aus zwei Saiten eine Stimme zieht.
Auf welches Instrument sind wir gespannt?
Und welcher Spieler hat uns in der Hand?
O süßes Lied.


Fritz Stavenhagen rezitiert:




In Youtube findet man sehr sehr viele Rezitationen oder Musikfilme als Verhunzungen von Rilkes Gedichten. Es scheint, als ob das Wort und die Stimmen nicht mehr genügten, und es Musik brauchte, damit die Modernen, die Ungeduldigen, überhaupt noch hin- oder zuhören. Viele versuchen sich im Lesen und Rezitieren von Rilkes Werken. Oft klingt das peinsam und ist peinlich. Das Positive ist wenigstens, dass viele lesen und dann vorlesen, auch wenn sie es noch nicht können. Das Negative aber bleibt, dass eine Unbekümmertheit einer Verantwortungslosigkeit gleichkommt, wenn man die Mitwelt mit Minderem abspeist. Jeder darf lernen und sich alles vornehmen. Aber gleich mit jeder Übung an die Öffentlichkeit zu gehen, ist doch eine Zumutung. 

Den Gedichten von Rilke tut das nichts an. Den herausragenden Rezitationen auch nicht. Aber den vielen, die sich mit dem Billigen füttern, verdirbt es weiter den Geschmack, festig die Blindheit.


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