Sonntag, 18. Dezember 2011

Vaclav Havel tot

Der Schriftsteller, Dramatiker & erste postkommunistische Präsident der Tschechoslowakei, die kurz darauf sich friedlich aufteilt in Tschechien und die Slowakei, stirbt im Alter von 75 Jahren.
Er hat als Dissident sein Land nach 40 Jahren Kommunistenregime in eine neue Zukunft geführt. Er wollte mehr, als er vermochte. Er, der nicht aus dem Apparat kam, aber dessen, notgedrungen, bedurfte als Präsident; konnte wichtige Agenden nicht so lösen, wie er es sich gewünscht hatte. Das betrifft vor allem in der Atompolitikwar oder auch die Benes-Dekrete-Frage. Wieweit er in diesen Fragen wirklich eine Kritik an alten tschechischen Positionen formulierte, muss noch geschichtlich gedeutet werden. Auch die eingeleitete Restituierung an Kirche und Aristokratie bleibt nach wie vor fragwürdig. Dass Vaclav havel seine Europaorientierung so intensiv mit dem NATO-Beitritt seiner Landes verband, mag nicht ungeteilte Begrüßung finden.

Dass im heutigen Tschechien der bornierte Chauvinismus blüht und die alten Seilschaften es sich gut eingerichtet haben, geht allerdings nicht auf sein Konto. Havel favorisierte gute Nachbarschaftspolitik und Europa, anders als das gegenwärtige Tschechien. Heute setzt Tschechien auf engstirnigen nationalen Egoismus. Das Gegenteil der Orienteriung von Vaclav Havel.



Nachtrag vom 21.12.2011:

Mick Hume    
Velvet Revolution: no script for a democratic uprising
Playwright-turned-president Vaclav Havel owed his status as anti-Communist rock star more to the West than to the Czech people.
SP!KED,  21 December 2011


Nachbemerkung vom 22.12.2011:

Die Zeit, 22.12.2011

Im Feuilleton Nachrufe auf Horst-Eberhard Richter, Cesaria Evora und Christopher Hitchens. Kein Wort zu Vaclav Havel. Im politischen Teil darf Pavel Kohout seinen Landsmann verabschieden, ein deutscher Autor scheint zu Havels Tod nichts zu sagen zu haben.
(Zitat aus dem PERLENTAUCHER)

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