Sophokles
Dir ist's, o frommer Sophokles, gelungen,
Den Punkt zu schaun, wo Mensch und Gott sich scheidet,
Und was in ird'sche Worte du gekleidet,
Das ward, vom Himmel aus, dir vorgesungen!
Du bist ins Innre dieser Welt gedrungen
Und kennst zugleich, was auf der Fläche weidet:
Was nur ein Menschenbusen hofft und leidet,
Du sprachst es aus mit deinen tausend Zungen!
Nie bist du kühl zur Nüchternheit versunken,
Du sprühtest in erhabener Verschwendung
Der goldnen Flammen lichte, dichte Funken!
An dich erging die heil'ge, große Sendung,
Du hast den Rausch der Poesie getrunken,
Und schimmerst nun in strahlender Vollendung.
Lutz Görner: Lyrik für Alle Folge 40: August von Platen
Gustav Sack (28.10.1885-5.12.1916)
Paralyse
Hallo!
die liebe Seele stirbt –
da liegt sie zuckend in meiner Hand –
ein Druck, und wir sind frei!
Sie schreit,
und wallt und zuckt und schwillt,
da fällt sie quäkend von meiner Hand –
ein Tritt, und wir sind frei!
Sie kriecht,
kriecht wie ein fetter Wurm –
und glänzt und springt und sie tanzt und lacht –
sie lacht – und ich bin frei!
Die Sprache
Sprachlos willst du die nackte Welt genießen
und tief einfühlend dich in ihr verlieren,
ohne in Worten sie zu porträtieren
und sie in hohle Klänge umzugießen?
Doch aus der Sprache deine Wunder sprießen,
in deiner Sprache nur kristallisieren
die jähen Bilder, die gleich wilden Tieren
chaotisch wütend durcheinander schießen,
zu deiner schimmernd festgefügten Welt.
Und daß dich diese Worte selbst nur malen,
klag sie nicht an, denn ohne sie zerfällt
des Daseins Klang und siebenfarbig Strahlen
in ewig wüste Nacht, schaurig erhellt
von aller Nöte flammenden Fanalen.
"Verbummelter Student" und kraftgenialischer Dichter - Der Expressionist Gustav Sack
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