Haimo L. Handl
Der Nobelpreis als Farce
Der Nobelpreis, vom Industriellen Alfred Nobel (1833–1896)
gestiftet, war für den Stifter und Initiator eine Art Wiedergutmachung und
Gewissensberuhigung; nach seinem Testament wird er seit 1901 verliehen. Üb er
die Jahre hat er seinen Sinn und seine Aufgabe verloren und passt nicht mehr in
die veränderte Zeit. Bei den Naturwissenschaften, wo eine Bemessung
preiswürdiger Leistungen sich nachvollziehbar zeigen kann, mag es noch angehen
auszuzeichnen, im Falle des Friedenspreises, aber vor allem in der Literatur,
ist die Auszeichnung peinlich und ideologische Camouflage.
Sieht man sich an, wer den Friedensnobelpreis in den letzten
Jahren erhalten hat, erschrickt man über die vordergründigen Manöver und Auszeichnungen.
Der Preis widerspiegelt die Machtverteilung der westlichen Welt, den enormen
Einfluss früher von Großbritannien, später von den USA und die Herrschaft wenig
oder nicht reflektierter Werte des Christentums und daraus gespeister oder
determinierter Staatstheorien.
In den Siebzigerjahren des vorigen Jahrhunderts finden sich
Namen wie Willy Brandt, aber auch Politiker, die gnadenlos eine Kriegspolitik
konzipierten und unterstützten, wie Henry Kissinger, Anwar as-Sadat, Menachem
Begin, Elie Wiesel, Michail Gorbatschow oder Aung San Suu Kyi, die heute die
Massenmorde an den Rohingya deckt, Jassir Arafat, Schimon Peres, Jitzchak
Rabin, Jimmy Carter, Al Gore, Barack Obama, Europäische Union, (Obama weitete
die amerikanischen Kriege aus, führte den Drohnenkrieg ein, die EU kooperiert
mit faschistischen Regimen und unterstützt amerikanische Kriegsmaßnahmen sowie
Terrorfinanziers wie Saudi Arabien).
Es sind nicht nur gewisse Persönlichkeiten oder
Institutionen, die als preiswürdig erachtet wurden, womit von den brennenden
politischen Problemen abgelenkt wurde. Es ist das dahinterliegende Wertsystem,
das beleidigt.
Eine völlig veraltete Veranstaltung stellte der Nobelpreis
für Literatur dar. Die Konstruktion der Akademie mit absolutistischen Rechten
entstammt einem monarchischen Denken, das jeden emanzipatorischen Vorstellungen
Hohn spricht. Die hohe Korruption, die Missbrauchsfälle in der Akademie
indizieren nicht nur einen Niedergang der schwedischen Gesellschaft
hinsichtlich westlicher Werte, sondern auch eine institutionelle Verkommenheit.
Es wäre am besten, die Akademie löste sich auf und „streckte die Waffen“. Sie
stellt eine andauernde negative Provokation dar. Die Staatsführung, der
Monarch, niemand greift ein, die Statuten schützen die Privilegierten und
Pfründehalter.
Dabei geht es überhaupt nicht um die Preisträger.
Gerechtigkeit kann es nie geben, ist auch nicht ernstlich verlangt (außer von
einigen, die solche Auswahlen nicht verstehen wollen). Ab er der Anspruch,
„Weltbestes“ auszuzeichnen, ist unhaltbar und peinlich. Den Rekurs darauf
brauchte es gar nicht. Alfred Nobel hat in seiner Lebenszeit nach anderen
Wertmaßstäben geurteilt und gefordert, dass man künftig danach urteilen solle.
Aus und vorbei. Es ist an der Zeit, mit solchem Humbug aufzuhören. Die
Nobelpreisstiftung hat sich zu einer Kirche entwickelt, die Ideologie
praktiziert. Sie ist unzeitgemäß. Dass Mitglieder auf Lebenszeit praktisch
sakrosankt schalten und walten können, ist unerträglich (das ist bei den auf
Lebenszeit bestellten Höchstrichtern ähnlich). Solch eine Praxis verträgt sich
nicht mit Republikanismus oder offener Gesellschaft. Das sind Überbleibsel
einer alten, unguten Zeit.
Die Massen, auch die vermeintlich gebildeten, verlangen aber
nach Zirkus, nach Spielen. Es gibt Versuche eines alternativen Nobelpreises für
Literatur, nur am das Geschäft am Laufen zu halten. Man könnte ja daraus eine
Art Publikumspreis machen: über die social media ließen sich sicher
„gerechtere“ Preisträgerinnen finden. Eigene Spezialeinheiten einer Cyber
Police würden prüfen, wie viele Stimmen über automatisierte Systeme produziert
wurden. Man hätte neue Affären, neue Arbeitsplätze und eine weltumfassende
Ablenkung. Die extreme Orientierung auf Quantität würde das geschwächte
Wertsystem bzw. die Wertsysteme unserer Gesellschaften weiter unterminieren und
ausdünnen, was den Gesellschaftsveränderinnen nur recht wäre. Der Schein der
„demokratischen“ Entscheidungen wäre gewahrt und könnte in tausenden Kursen an
Colleges und Volkshochschulen behandelt werden. Das wäre dann ein Beitrag zur
Weltliteratur und zum Weltfrieden.
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