Mittwoch, 22. Februar 2012

Alfred Kußmauls 190. Geburtstag

Adolf Kußmaul (22. Februar 1822 in Graben bei Karlsruhe -28. Mai 1902 in Heidelberg; alle Vornamen: Carl Philipp Adolf Konrad K.) war ein deutscher Arzt, Hochschullehrer und medizinischer Forscher, er gilt als Mit-Urheber des Begriffs „Biedermeier“.

Wikipedia

Kußmaul war nicht nur Arzt und vielseitiger Forscher, sondern auch Literatur, als der er heute aber vergessen ist. Er schrieb viele humoristische Gedichte; bekannter sind seine "Jugenderinnerungen eines alten Arztes"


Der Spaziergang

Ging ein Wiener Mediziner
mit dem Freunde durch die Flur:
Rief der Freund: wie hell und heiter
Lacht der himmlische Azur!

Sprach der Wiener Mediziner:
Einen Himmel giebt es nicht,
Nur vom irdischen Planeten
Reflektiertes blaues Licht.

Durch die Felder, durch die Auen
Schweiften sie zum grünen Wald;
Rief der Freund: wie voll und prächtig
Der Gesang der Amsel schallt!

Sprach der Wiener Mediziner:
Leidlich hört das Lied sich an,
Doch den Amseln ward verliehen
Ein zu lautes Stimmorgan.

Aus dem dunkeln Buchenwalde
Zogen sie zum lichten Hain;
Rief der Freund: wie lieblich duften
Hier die Veilchen an dem Rain!

Sprach der Wiener Mediziner:
Die Familie Viola
Dient uns vielfach zum Vomieren,
Sonderlich die Ipeka.

Von des Berges stolzem Gipfel
Schauten tief sie in den Grund;
Rief der Freund: dort wohnt mein Liebchen
Kugelrund und kerngesund!

Sprach der Wiener Mediziner:
Traue du dem Liebchen nie,
Ist sie erst dein Weib geworden,
Quält sie dich mit Hysterie.

In des Waldes kühler Schenke
Suchten Labe sie beim Wein;
Rief der Freund: ein edles Feuer
Strömt in meine Adern ein!

Sprach der Wiender Mediziner:
Ei, ich glaube, du bist toll,
Dieser Wein ist ganz gemeiner
Fuselreicher Alkohol!

Rief der Freund: wie wird mir plötzlich?
Dreht die Welt im Ring sich um?
Bohren Messer mir im Schädel?
Droht mir das Delirium?

Sprach der Wiener Mediziner:
Bist ein wunderlicher Fall,
Hast Entzündung des Gehirnes,
Und gehörst ins Hospital!

Rief der Freund: wie herrlich kühlet
Mir das Eis den heißen Kopf,
Doch nach vierundzwanzig Stunden
War er weg, der arme Tropf.

Sprach der Wiener Mediziner:
Holt die Säge stark und groß,
Daß ich ihm den Schädel öffne,
Ob ich traf die Diagnos.

Adolf Kußmaul, Jugenderinnerungen eines alten Arztes. Mit dem Porträt des Verfassers nach einem Gemälde von Franz Lenbach. Stuttgart: Bonz 1899

Zu diesem Gedicht schrieb Ralf Heinrich Arning eine Deutung, die auf dessen Seite zu finden ist.

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