Sonntag, 30. Dezember 2018

Aberglaube


Haimo L. Handl

Aberglaube

In festgesetzten Intervallen wiederholen Gläubige und Ungläubige religiöse oder religiös basierte Rituale. Viele davon purer Aberglaube, etliche frauenfeindlich und Zeugnis einer Kultur, als die Leibeigenen, das Gesinde, die Mägde und Knechte unfrei hausten, aber innerhalb ihrer Kaste, einer ohne Personalrechte, die Frauen notorisch tieferstellten, ausbeuteten, wie Dreck behandelten.

Es scheint, die ungebildete Mehrheit ist nicht nur widersprüchlich hinsichtlich aufgeklärter Bildung und einem religiösen Kompromiss, sondern tief verwurzelt im heidnischen Aberglauben. Das betrifft nicht nur Esoteriker, sondern die Mehrheit der Bevölkerung bei uns und in den Nachbarstaaten. Der Aberglaube betrifft vor allem die Überzeugung von der Existenz von Geistern, die man gütig stimmen muss, denen man opfert bzw. die ausgetrieben werden müssen in einem einfachen Exorzismus. Nicht nur am Land, dort aber vermehrt, räuchern die Ängstlichen Räume, Wohnungen, Häuser aus, auch Ställe, um böse Geister zu vertreiben.

In den alpinen Ländern werden Bergfeuer entfacht und vielerorts Hexen verbrannt. Man muss froh sein, dass den Verblendeten Puppen ausreichen und sie nicht wirklich Menschenopfer darbringen, wie es der alte Kult eigentlich will. Es ist, als ob die Landkultur eher die Dummheit, das Dumpfbackene fördert, erst recht, wenn man damit Tourismusprogramme speisen kann, dass die verblödeten Städter „a Gaudi“ haben. Das läuft dann unter Brauchtumspflege, als ob alte Bräuche allein schon wegen ihres Alters bewahrenswert wären.

Stimmte das, müsste man die Weiber als Entrechtete wieder an Ketten oder Leinen legen, sie peinigend niederhalten und vergewaltigen, was zwar im Fasching vielerorts geschieht, aber nicht so propagiert wird, weil das dann doch den profitablen Tourismus störte. Und wer von den Mannsbildern dürfte sich frei bewegen? Fast niemand, jedenfalls niemand aus dem gemeinen Volk. Vielleicht wäre das eine Lehre, ein eindrücklicher Unterricht, wenn man sie peitschte und trieb wie Vieh, wenn die Schergen der Herren sie wie Tiere behandelten. Unsere Machos vergessen, dass sie eine falsche Rolle einnehmen. Vielleicht wäre ein „praktischer“ Historienunterricht heilsam?

Warum kleben Leute an Riten und Praxen der Unterdrückung, Hatz und Folter und elender Ausbeutung? Weil sie gerne Herren, Befehlende, Missbrauchende wären? Es ist ähnlich wie bei den Kriegsspielen, wenn Gegenwartsmenschen behaupten, sie stellten Schlachten nach zwecks historischer Verdeutlichung, als ob man diese in solcher Form brauchte. Nein, es ist eine alte Kriegslüsternheit, ein Hang nach Gewalt, nach Sprengen der gewohnten Ordnung. Eigentlich ist es der Wunsch nach Krieg, der die Gesetzte außer Kraft setzt und eigene diktiert. Es ist der immense Druck, der keine Reflexion erlaubt, kein Nachdenken. Der Zustand, wo Folgschaft und direkte Tat, action pure, angesagt sind, wo Untaten und Barbarei nicht nur legitimiert, sondern befohlen sind, wo die Täter im Voraus schon entlastet, unschuldig sind.

Auch die jährlich stereotyp geäußerten Absichtserklärungen fürs Neue Jahr beweisen einerseits eine hohe Vergesslichkeit, andererseits eine starke Resistenz gegen Lügen oder Täuschungen. Aber, gesellschaftlich allgemein als Ritual vollzogen, scheint alles gerechtfertigt und sozial. Zudem hilft’s dem Geschäft.

In diesem Sinne, machen Sie’s gut im Neuen Jahr.


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