Sonntag, 19. August 2018

Wort & Tat = Moral


Man fühlt sich an die Worte des namengebenden Heinrich Böll erinnert, der seinerzeit angesichts des Boulevardjournalismus und dessen Umgangs mit dem RAF-Terrorismus feststellte, dass die «Gewalt von Worten» schlimmer sei als jene von Ohrfeigen und Pistolen.

Zitat aus dem Artikel „Online-Pranger abgestellt: Die verlorene Ehre der Böll-Stiftung“ von Claudia Schwartz, NZZ 15.8.2018

Der Katholik Böll hatte noch klare Vorstellungen: Er nahm den Opferstatus der Bürgerinnen und die Schwere der Beleidigung durch die Journalisten, Schriftsteller oder insgesamt Kopfarbeiter vorweg und wertete die konkrete Tat, die Ohrfeige [die sich nicht nur in der katholischen Pädagogik in Deutschland so lange hielt], oder den Waffengebrauch [außer von Ordnungshütern!] als weniger schlimm. Ist nur eine nicht mit Worten beleidigende Tat, während das verletzende Wort am schlimmsten verletzt. Er war ja selbst verletzt worden, er wusste, wovon er sprach und relativierte also das Konkrete gegen das Abstrakte, die Tat gegen das Ephemere oder die Schrift: Geist, Sprache, verletzen schlimmer. Die Täter atmeten auf. Jetzt hatten sie eines anerkannten Moralisten Urteil auf ihrer Seite.

Das erinnert an Jean-Paul Sartre, der in seinem politischen Engagement für die Verdammten dieser Erde, die Ausgebeuteten, insbesondere in den früheren Kolonien, Partei ergriff und erklärte, : «Einen Europäer erschlagen heißt zwei Fliegen auf einmal treffen, nämlich gleichzeitig einen Unterdrücker und einen Unterdrückten aus der Welt schaffen.»

("Car, en le premier temps de la révolte, il faut tuer : abattre un Européen c'est faire d'une pierre deux coups, supprimer en même temps un oppresseur et un opprimé : restent un homme mort et un homme libre" - Préface à „Les damnés de la terre“ (1961) par Frantz Fanon)

Das Gift der Worte
Die Liste mit den Unworten des Jahres wird in diesen Tagen länger und länger. Ein Appell wider die Verrohung der Sprache in der Flüchtlingspolitik.
Heinrich Böll Stiftung, 18. Juli 2018, Kirsten Maas-Albert

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