Eine Bemerkung zum Wert und zur Wichtigkeit von NICHTWISSEN.
Üblicherweise wird in unserer modernen
Gesellschaft der Primat des Wissens betont, die Ausweitung des Wissensbestandes
anvisiert, das Wissen als oberstes Ziel gesehen. Der Schweizer Autor Ernst von Schenk (1903-1973), der sich
in der Schweiz zur Kriegszeit auch politisch aktiv antifaschistisch engagierte,
betont jedoch das Gegenteil in der „Vorrede an den Leser“ in seinem Buch „Angst
um die Welt. Zwölf Versuche zur Humanität heute“ (Köln, Berlin 1952):
„Manch einer ist der Meinung, die beiden
Weltkriege seien nur Phasen eines umfassenden säkularen Geschehens. Wir sollten
uns davor hüten, unsere eigene Zeit allzu sehr aus einer großen Distanz – oder
gar sub specie aeterni – sehen zu wollen. Wir müssen unsere Zeit leben, die uns
gestellten Aufgaben lösen. Das können wir nur, wenn wir zu einem Teil nicht
wissen, wo wir stehen; mehr noch: wenn wir wissen, dass wir es nicht einfach
wissen können; und noch mehr: wenn wir es auch nicht – so mir nichts, dir
nichts – wissen wollen. Denn wir sind berufen, auf die Frage über das bloß
Wißbare hinaus eine Antwort zu geben, die zu guten Teilen eine Entscheidung,
ein Akt unseres Willens ist.“
„Soll das nun heißen, wir seien
fatalerweise am Ende? Im Gegenteil! Es fällt nach dem zweiten Weltkrieg
wesentlich leichter als nach dem ersten, Untergangsphantasien und
–prophezeiungen zu produzieren. Apokalypsen sind so billig geworden wie der
Zynismus, und Nihilismus wird bald nur noch im Grand Guignol produzierbar sein.
Wir müssen versuchen, einen entscheidenden Schritt weiter zu tun. Und gerade
deshalb können wir – auch auf Grund einer noch so gescheiten und umfassenden
Analyse – nicht genau sagen, wo wir stehen. Wenn man einen Slogan will: wir
müssten versuchen, den ‚nihilistischen Realismus’ (man entschuldige noch einmal
dieses unsinnige Begriffspaar) durch einen „humanen Realismus“ zu überwinden.“
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