Freitag, 7. Juli 2017

Ein sprachbeflissener Musicus

Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791), Briefe an sein Bäsle:
Mannheim, 5. November 1777.

Allerliebstes Bäsle, Häsle!

Ich habe Dero mir so wertes Schreiben richtig erhalten – falten und daraus ersehen – drehen, daß der Herr Vetter – Retter und die Frau Bas – Has und Sie – wie recht wohlauf sind – Rind; wir sind auch, Gott Lob und Dank, recht gesund – Hund. Ich habe heute den Brief – schief von meinem Papa – haha! auch richtig in meine Klauen bekommen – strommen. Ich hoffe, Sie werden auch meinen Brief – trief, welchen ich Ihnen aus Mannheim geschrieben, erhalten haben – schaben. Desto besser, besser desto! Nun aber etwas Gescheutes. Mir ist sehr leid, daß der Herr Prälat – Salat schon wieder vom Schlag getroffen worden ist – fist; doch hoffe ich, mit der Hilfe Gottes – Spottes wird es von keinen Folgen sein – Schwein. Sie schreiben mir – Stier, daß Sie Ihr Versprechen, welches Sie mir vor meiner Abreise von Augsburg getan haben, halten werden, und das bald – kalt; nu, das wird mich gewiß freuen – reuen. Sie schreiben noch ferners, ja, Sie lassen sich heraus, Sie geben sich bloß, Sie lassen sich verlauten, Sie machen mir zu wissen, Sie erklären mir, Sie geben deutlich am Tage, Sie verlangen, Sie begehren, Sie wunschen, Sie wollen, Sie mögen, Sie befehlen, Sie deuten mir an, Sie benachrichtigen mir, Sie machen mir kund, daß ich Ihnen auch mein Porträt schicken soll – scholl. Eh bien, ich werde es Ihnen gewiß schicken – schlicken. Ob Sie mich noch liebhaben? Das glaub ich. Desto besser, besser desto! Ja, so geht es auf dieser Welt, der eine hat den Beutel, der andere hat das Geld; mit wem halten Sie es? Mit mir, nicht wahr? Das glaub ich. Jetzt wunsch ich eine gute Nacht. Morgen werden wir uns gescheut sprechen – brechen; ich sage Ihnen eine Sache Menge zu haben, Sie glauben es nicht gar können; aber hören Sie morgen es schon werden. Leben Sie wohl unterdessen! Was ist das? ists möglich! Ihr Götter! Mein Ohr, betrügst du mich nicht? nein, es ist schon so – welch langer trauriger Ton!

Heut den schreiben fünfte ich dieses. Gestern habe ich mit der gestrengen Frau Kurfürstin gesprochen, und morgen, als den sechsten, werde ich in der großen Gala-Akademie spielen, und dann werde ich extra im Kabinett, wie mir die Fürstin-Kur selbst gesagt hat, wieder spielen. Nun was recht Gescheutes! Es wird ein Brief oder es werden Briefe an mich in Ihre Hände kommen, wo ich Sie bitte, daß – was? – ja, ein Fuchs ist kein Has – ja, daß – nun, wo bin ich denn geblieben? ja recht, beim Kommen; ja, jetzt fallt mirs ein, Briefe, Briefe werden kommen, aber was für Briefe? je nun, Briefe an mich halt; die bitte ich mir gewiß zu schicken. Ich werde Ihnen schon Nachricht geben, wo ich von Mannheim weiters hingehe. Jetzt Numero 2! Ich bitte Sie, warum nicht? Ich bitte Sie, allerliebster Fex, warum nicht? daß Sie, wenn Sie ohnedem an die Madame Tavernier nach München schreiben, ein Kompliment von mir an die zwei Mademoisellen Freysinger schreiben, warum nicht? kurios, warum nicht? Und die jüngere, nämlich die Fräulein Josepha, bitte ich halt recht um Verzeihung, warum nicht? warum sollte ich sie nicht um Verzeihung bitten? kurios, ich wüßte nicht, warum nicht? Ich bitte sie halt recht sehr um Verzeihung, daß ich ihr bishero die versprochene Sonate nicht geschickt habe, aber ich werde sie, sobald es möglich ist, übersenden, warum nicht? was, warum nicht? warum soll ich sie nicht schicken? warum soll ich sie nicht übersenden? warum nicht? kurios, ich wüßte nicht, warum nicht? Nu, also diesen Gefallen werden Sie mir tun? warum nicht? kurios, warum nicht? ich wüßte nicht, warum nicht? Vergessen Sie auch nicht von mir ein Kompliment von mir an Papa und Mama von die zwei Fräulein zu entrichten; dann das ist grob gefehlt, wenn man Vater und Mutter vergessen tut sein müssen lassen haben. Ich werde hernach, wenn die Sonate fertig ist, selbe Ihnen zuschicken und einen Brief dazu, und Sie werden die Güte haben, selbe nach München zu schicken. Nun muß ich schließen, und das tut mich verdrießen. Herr Vetter, gehen wir geschwind zum Heiligen Kreuz und schauen wir, ob noch wer auf ist! Wir halten uns nicht auf, nichts als anläuten, sonst nichts. Nun leben Sie recht wohl, ich küsse Sie tausendmal und bin wie allzeit der alte junge

Sauschwanz Wolfgang Amadeo Rosenkranz.

An alle meine guten Freund – heunt meinen Gruß – Fuß! Addio Fex – Hex bis ins Grab, wenn ichs Leben hab.

Miehnnam ned net5 rebotko 7771.


Mannheim, 13. November 1777.

Ma très chère Nièce! Cousine! Mère, Soeur et Epouse!

Potz Himmel tausend Sakristei, Kroaten schwere Not, Teufel, Hexen, Truden, Kreuz-Battalion und kein End! potz Element, Luft, Wasser, Erd und Feuer, Europia, Asia, Afrika und Amerika, Jesuiter, Augustiner, Benediktiner, Kapuziner, Minoriten, Franziskaner, Dominikaner, Kartäuser und Heilige Kreuzerherren, Canonici regulares und irregulares und alle Bärenhäuter, Spitzbuben, Hundsfütter, Kujonen und Schwänz übereinander, Eseln, Büffeln, Ochsen, Narren, Dalken und Fexen! Was ist das für eine Manier! vier Soldaten und drei Bandalier! so ein Paquet und ein Portrait? Ich war schon voll Begierde – ich glaubte gewiß – dann Sie schrieben mir ja unlängst selbst, daß ich es gar bald, recht gar bald bekommen werde. Zweifeln Sie vielleicht, ob ich auch mein Wort halten werde? Das will ich doch nicht hoffen, daß Sie daran zweifeln! Nu, ich bitte Sie, schicken Sie mir es je ehender, je lieber; es wird wohl hoffentlich so sein, wie ich es mir ausgebeten habe, nämlich im französischen Aufzuge.

Wie mir Mannheim gefällt? so gut einem ein Ort ohne Bäsle gefallen kann. Ich hoffe, auch Sie werden im Gegenteil, wie es auch so ist, meine Briefe richtig erhalten haben, nämlich einen von Hohenaltheim und zwei von Mannheim, und dieser, wie es auch so ist, ist der dritte von Mannheim, aber in allen der vierte, wie es auch so ist. Nun muß ich schließen, wie es auch so ist, dann ich bin noch nicht angezogen, und wir essen jetzt gleich, wie es auch so ist. Haben Sie mich noch immer lieb, wie ich Sie, so werden wir niemalen aufhören uns zu lieben. Wenn auch der Löwe ringsherum in Mauern schwebt, wenn schon des Zweifels harter Sieg nicht wohl bedacht gewesen, und die Tyrannei der Wüterer in Abweg ist geschlichen, so frißt doch Codrus, der weis' Philosophus, oft Rotz für Habermuß, und die Römer, die Stützen meines A--, sind immer, sind stets gewesen und werden immer bleiben – kastenfrei.

Adieu. J'espère que vous aurés déjà pris quelque lection dans la langue française, et je ne doute point, que – Ecoutés: que vous saurés bientôt mieux le françois que moi; car il y certainement deux ans, que je n'ai pas écrit un mot dans cette langue. Adieu cependant. Je vous baise vos mains, votre visage, vos genoux et votre –, afin tout ce que vous me permettés de baiser. Je suis de tout mon coeur.

votre très affectionné Neveu et Cousin

Wolfgang Amadé Mozart.


Salzburg, den 10. Mai 1778.

Blas mir hint nei! Gut ists!
Wohl bekomms!

Liebstes, bestes, schönstes, liebenswürdigstes, reizendstes, von einem unwürdigen Vetter in Harnisch gebrachtes Bäschen oder Violoncellchen!

Ob ich Johannes Chrysostomus Sigismundus Amadeus Wolfgangus Mozartus wohl imstande sein werde, den Ihre reizende Schönheit ( visibilia und ( invizibilia) gewiß um einen guten Pantoffelabsatz erhöhenden Zorn zu stillen, mildern oder zu besänftigen, ist eine Frage, die ich aber auch beantworten will. Besänftigen will primo so viel sagen als jemand in einer Sänfte sanft tragen. Ich bin von Natur aus sehr sanft, und einen Senft esse ich auch gern, besonders zu dem Rindfleisch; mithin ist es schon richtig mit Leipzig, obwohl der Monsieur Feigelrapée durchaus behaupten oder vielmehr beköpfen will, daß aus der Pastete nichts werden soll, und das kann ich ja ohnmöglich glauben; es wäre auch nicht der Mühe wert, daß man sich darum bückte; ja, wenn es ein Beutel voll Konventionskreuzer wäre, da könnte man so etwas endlich aufklauben, heben oder langen. Darum, wie ich gesagt habe, ich könnte es nicht anderst geben; das ist der nächste Preis, handeln lasse ich nicht, weil ich kein Weibsbild bin, und hiemit holla! Ja, mein liebes Violoncellchen, so gehts und stehts auf der Welt, der eine hat den Beutel und der andere das Geld, und wer beides nicht hat, hat nichts, und nichts ist soviel als sehr wenig, und wenig ist nicht viel, folglich ist nichts immer weniger als nicht viel, und viel immer mehr als wenig, und so ist es, so war es und so wird es sein. Mach ein End dem Brief, schließ ihn zu und schick ihn fort an End und Ort. Dero gehorsamster untertänigster Diener.

Latus, hinüber! V. S.

P. S. Ist die Böhmische Truppe schon weg? Sagen Sie mirs, meine Beste, ich bitte Sie um Himmels willen. Ach! sie wird nun in Ulm sein, nicht wahr? O, überzeugen Sie mich dessen, ich beschwöre Sie bei allem, was heilig ist! Die Götter wissen es, daß ich es aufrichtig meine! Lebts Thüremichele noch? Wie hat sich Vogt mit seiner Frau vertragen? haben sie sich schon gekriegt beim Kragen? Lauter Fragen!

Eine zärtliche Ode.

Dein süßes Bild, o Bäschen,
schwebt stets um meinen Blick,
allein ihn trüben Zähren,
daß Du es selbst nicht bist.
Ich seh es, wenn der Abend
mir dämmert; wenn der Mond
mir glänzt, seh ichs und weine,
daß Du es selbst nicht bist.
Bei jenes Tales Blumen,
die ich ihr lesen will,
bei jenen Myrtenzweigen,
die ich ihr stechten will,
beschwör ich Dich, Erscheinung:
auf und verwandle Dich!
Verwandle Dich, Erscheinung,
und werd – o Bäschen selbst!

Finis coronat opus

S. V.

P. T.

Edler von Sauschwanz.

Meine und unser aller Empfehlung an Ihren Herrn Hervorbringer und Frau Hervorbringerin! Adieu, Engel! Mein Vater gibt ihm seinen onkelischen Segen, und meine Schwester gibt ihm tausend cousinische Küssen. Adieu, adieu, Engel!

Mit nächster Ordinäre werde ich mehr schreiben, und zwar etwas recht Vernünftiges und Notwendiges. Und bei diesem hat es sein Verbleiben bis auf weitere Ordre Adieu, adieu, Engel!

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