279.
Sternen-Freundschaft. — Wir
waren Freunde und sind uns fremd geworden. Aber das ist recht so und
wir wollen’s uns nicht verhehlen und verdunkeln, als ob wir uns dessen
zu schämen hätten. Wir sind zwei Schiffe, deren jedes sein Ziel und
seine Bahn hat; wir können uns wohl kreuzen und ein Fest miteinander
feiern, wie wir es gethan haben, — und dann lagen die braven Schiffe so
ruhig in Einem Hafen und in Einer Sonne, dass es scheinen mochte, sie
seien schon am Ziele und hätten Ein Ziel gehabt. Aber dann trieb uns die
allmächtige Gewalt unserer Aufgabe wieder auseinander, in verschiedene
Meere und Sonnenstriche und vielleicht sehen wir uns nie wieder, —
vielleicht auch sehen wir uns wohl, aber erkennen uns nicht wieder: die
verschiedenen Meere und Sonnen haben uns verändert! Dass wir uns fremd
werden müssen, ist das Gesetz über uns:
ebendadurch sollen wir uns auch ehrwürdiger werden! Ebendadurch soll der
Gedanke an unsere ehemalige Freundschaft heiliger werden! Es giebt
wahrscheinlich eine ungeheure unsichtbare Curve und Sternenbahn, in der
unsere so verschiedenen Strassen und Ziele als kleine Wegstrecken einbegriffen
sein mögen, — erheben wir uns zu diesem Gedanken! Aber unser Leben ist
zu kurz und unsere Sehkraft zu gering, als dass wir mehr als Freunde im
Sinne jener erhabenen Möglichkeit sein könnten. — Und so wollen wir an
unsere Sternen-Freundschaft glauben, selbst wenn wir einander Erden-Feinde sein müssten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen