278.
Der Gedanke an den Tod. — Es
macht mir ein melancholisches Glück, mitten in diesem Gewirr der
Gässchen, der Bedürfnisse, der Stimmen zu leben: wieviel Geniessen,
Ungeduld, Begehren, wieviel durstiges Leben und Trunkenheit des Lebens
kommt da jeden Augenblick an den Tag! Und doch wird es für alle diese
Lärmenden, Lebenden, Lebensdurstigen bald so stille sein! Wie steht
hinter Jedem sein Schatten, sein dunkler Weggefährte! Es ist immer wie
im letzten Augenblicke vor der Abfahrt eines Auswandererschiffes: man
hat einander mehr zu sagen als je, die Stunde drängt, der Ozean und sein
ödes Schweigen wartet ungeduldig hinter alle dem Lärme — so begierig,
so sicher seiner Beute. Und Alle, Alle meinen, das Bisher sei Nichts
oder Wenig, die nahe Zukunft sei Alles: und daher diese Hast, diess
Geschrei, dieses Sich-Uebertäuben und Sich-Uebervortheilen! Jeder will
der Erste in dieser Zukunft sein, — und doch ist Tod und Todtenstille
das einzig Sichere und das Allen Gemeinsame dieser Zukunft! Wie seltsam,
dass diese einzige Sicherheit und Gemeinsamkeit fast gar Nichts über
die Menschen vermag und dass sie am Weitesten
davon entfernt sind, sich als die Brüderschaft des Todes zu fühlen! Es
macht mich glücklich, zu sehen, dass die Menschen den Gedanken an den
Tod durchaus nicht denken wollen! Ich möchte gern Etwas dazu thun, ihnen
den Gedanken an das Leben noch hundertmal denkenswerther zu machen.
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