Mittwoch, 18. Mai 2011

Hochsprache vs. Populärsprache

Die Nachwelt hat es leichter. Sie muss nicht mehr die göttliche Grobheit des philosophierenden Vetturino über sich ergehen lassen; sie hat es nur noch mit seinen Schriften zu tun. Diese sind so geschrieben, dass ihre Lektüre selbst dann Vergnügen bereitet, wenn der Leser oder gar die Leserin seinen krassen Urteilen nicht zustimmen mögen. Schopenhauer zählt zu den großen Stilisten der deutschen Prosa. Sein Stil ist frei von jeder Manier. Geschmeidig und ohne Hast folgt die umfangreiche, hypotaktisch gegliederte, doch immer übersichtliche Satzperiode dem anspruchsvollen, aber nie dunklen Gedankengang. Doch in der Gegenwart, die sich den kurzen Sätzen verschrieben hat, nützen solche Vorzüge wenig. Vielleicht würden heute Schopenhauers bedenkenswerte, manchmal bedenkliche Gedankengänge häufiger gelesen, wenn er für sie nicht eine so vollkommene Sprache gefunden hätte.
Vom Außenseiter zum Weisheitslehrer
Großer Stilist, Grobian, Querkopf und Vordenker der Moderne: Vor 150 Jahren starb der Philosoph Arthur Schopenhauer. Von Heinz Schlaffer, Welt online 18.09.2010

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Interessante Bemerkung hinsichtlich Bedeutsamkeit und Wahrnehmung: Weil Schopenhauer so gut ist, weil seine Sprache gehoben ist, kann sie heute nicht mehr wirken, da die Gegenwärtigen eine reduzierte, einfachere Sprache, eine Kurzsprech, pflegen.

Hohe Qualität als Hindernis. Für das Volk, die Konsumenten, bedarf es einer leicht konsumierbaren Einfachheit. Keine individuellen Eigenheiten, also auch kein Stil darf das Bild stören. Ein Widerspruch. Muss man Schopenhauer ÜBERSETZEN? Was bleibt dann von ihm? Schopenhauer in light version!

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