Samstag, 14. Mai 2011

Armenische Erinnerungen

Rumäniens «Buch des Jahres» gibt Einblick in historische Hintergründe
Die Überraschung der letzten Buchsaison war in Rumänien das literarische Prosadebüt eines Ökonomen, Politikers und gelegentlichen Autors von Lyrik. Das «Buch des Geflüsters» erweckt die Welt seiner eigenen Kindheit in der südlichen Moldau zu dichtem Leben.

Markus Bauer, NZZ 10.5.2011

Erst nach einer halben Seite erfährt man zumindest den Familiennamen des Autors, dessen Werk besprochen wird, allerdings ohne bibliografische Information. Es handelt sich um den rumänischen Politiker, Ökonomen und Schriftsteller Varujan Vosganian, 1958 geboren.

Die Zeitangaben sind ungenau: "letzte Buchsaison" ist, der geltenden Logik und dem gültigen Zeitverständnis nach, die Saison 2010. Aber das Buch erschien 2009. War es ein Spätzünder, der erst im Jahr darauf Saison hatte?

Es werden die üblichen Klischees bemüht (metaphernreicher und phatasievoller Stil); der Kritiker Manolescu wird überflüssigerweise als "Krtiikerpapst" genannt. Diese Päpstesicht, in der Schweiz und Deutschland oder Österreich besonders grassiernd, vernebelt.

Es folgt eine Besprechung, die "normal" ist, wie man sie halt erwartet. Aber warum? Keine seiner Publikationen liegt auf deutsch vor. Um auf den Autor aufmerksam zu machen?

In einem Absatz wird vage auf die politische Rolle des rechten Nationalliberalen verwiesen, der als Wirtschafts- und Finanzminister im Kabinett Tariceanu "nicht ganz unumstritten" war. Vosganian bekennt sich als Unionist und tritt für den Anschluss Moldaviens an Rumänien ein. Seine rechtsgerichtete Partei Uniunea Fortelor de Dreapta, der er von 1996-2003 vorstand, ging in der Nationalliberalen Partei auf. Seine Nominierung 2006 als Kommissar in der EU-Kommission zog er nach verschiedenen Vorwürfen und Querelen zurück.

Die literarischen Fragen, warum sein rumänischer Bucherfolg, die Überraschung und Sensation "der letzten Buchsaison" nicht übersetzt wurde, welche Rolle er in der Literaturlandschaft Rumäniens spielt, werden nicht gestellt und bedacht. Bleibt als Aufhänger "Armenische Erinnerungen".


(In Wien wurde ein Ausschnitt des Romans in deutscher Übersetzung anläßlich der Rumänischen Literaturgage 2010 vorgetragen. Die Moderation hatte der Geschäftsführer der Theodor-Kramer-Gesellschaft, Konstantin Kaiser, übernommen. Einen Textauszug auf deutsch von Christa Nitsch findet man in "Armenopolis".)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen