Haimo L. Handl
Das
Licht schnitt eine Lichtung.
Es war hell geworden.
Heller
als der Tag.
Wie kannst du das vergleichen?
Ich
kenne die Tage.
Ich kenne die Nächte.
Das
war anders.
Es war anders, ja.
Es
ward Licht.
Ein Gott hat das Licht gebracht.
Den
Tod.
Den lichterlohen Tod.
Ich
habe ihn von der Nähe gesehen.
Ich wurde geblendet.
Du
kannst nichts mehr sehen.
Weil ich das Licht sah.
Die
tödliche Sonne.
Die schöne Wolke.
Die
keinen kühlenden Regen brachte.
Die uns verseuchte.
Es
war hell geworden.
Das Licht ist tödlich.
Nur
von weiter Ferne darf man seinen Schatten sehen.
Wir waren weit weg.
Und
dennoch strahlte der Schatten auf uns.
Den Tod kann man nicht erfahren.
Nur
das Sterben.
Auch das lange, lange Sterben.
Viele
verglühten.
Wie Partikel.
Wie
in einem Vulkan.
Wie in Lava.
Kein
Bild kann es abbilden.
Kein Wort kann es beschreiben.
Aber
wir reden.
Aber wir erinnern uns.
Wir
waren weit weg.
Wir sterben langsam.
Bis
zum Lichtende dürfen wir ausharren.
Zu wem sollen wir reden?
Wozu
sollen wir reden?
War es nicht genug?
Es
ist nie genug.
Das Licht ist schneller.
Das
Licht reicht weiter.
Das Licht ist Gott.
Gott
ist der Lichtbringer
Über seine Profeten.
Seine
Priester.
Seine Schergen.
Lichttöter.
Lichtbringer.
Luzifers.
Luzifers.
Gib
mir einen Tee, bitte.
Wir haben keinen mehr.
Wir
haben keinen mehr? Wie weit ist es gekommen.
Wir haben keinen Tee.
Morgen
besorge ich einen.
Wo willst du ihn besorgen? Es gibt
keinen.
Es
muss einen geben.
Es gibt keinen. Alles ist verbrannt.
Alles
ist verbrannt?
Alles. Fast alles. Drüben, weit weg,
ist es weniger schlimm.
Wir
sind nicht verbrannt.
Uns hat der Wind nicht fortgetragen.
Der
Orkan streifte uns.
Der Sturm kochte.
Fast
alles verdampfte.
Kein Tee mehr.
Aber
wir sind noch da.
Wir sind nicht verbrannt.
Gib
mir bitte Wasser.
Ich habe keine Tasse, keinen Becher.
Und ich habe kein Wasser.
Kein
Wasser?
Kein Wasser.
Es
ist trocken geworden.
Staub.
Dreck.
Erde.
Verdürrt,
verdorrt, verbrannt.
Aber wir leben noch.
Noch.
Mich dürstet.
Wir
brauchen Wasser
Wir haben kein Wasser.
Wir
haben keinen Becher.
Wir haben nichts.
Wir
haben uns.
Denk immer daran.
Solange
ich kann.
Ich denke nichts mehr.
Du
bist müde.
Ich kann nicht mehr denken.
Du
lebst.
Aber ich denke nicht mehr.
Wenn
du getrunken haben wirst, denkst du.
Nein. Ich könnte es nicht fassen.
Du
musst.
Ich kann nicht. Es verflüchtigt
sich. Wie leichter Rauch. Ohne Wind.
Siehst
Du meine Hände?
Ich sehe Deine Hände.
Meine
Finger zittern. Ich könnte kein Wasser halten, wenn wir welches hätten.
Du könntest. Ich weiß es.
Nein,
es ist vorbei. Es verflösse zwischen meinen Fingern.
Das Leben zerrinnt.
Wir
können es nicht halten.
Der Wind wird uns forttragen.
Wir
werden fliegen.
Zum Himmel empor, der jetzt schwarz
ist.
Aber
oben, ganz oben, da ist Licht.
Das alte Licht?
Das
alte.
Das lebendige.
Jetzt,
nach all dem Tod.
Es wird scheinen.
Es
wird strahlen.
Wir werden leben.
Wir
haben überlebt.
Aber wir haben keinen Tee.
Wir
haben kein Wasser.
Die Hände zittrig.
Die
Finger schwach.
Die Augen stumpf und geblendet.
Lass
mich deine Hand spüren.
–
Das
Gewicht der Welt drückte uns nieder.
Wie Gewürm.
Wie
Streu.
Wie Abfall.
Einfach
so.
Ganz plötzlich.
War
es hell geworden.
Blendend.
Brennheiß.
Überwältigend.
Vertilgend.
Verbrennend.
Vernichtend.
Rasend.
Wahnsinnig.
Tod.
Tod.
Ich weiß nichts mehr.
Ich
will nichts mehr wissen.
Ich kann nicht vergessen.
Der
bohrende Schmerz, er frisst mich auf.
Wenn ich nur tot wäre.
Ruhe.
Dunkel.
Im
Lauten leise zu reden
Unsinniges
Hoffen
Ein
Dennoch
Ein
Doch
Zwei
Blicke
Aber
keine Stimme mehr
Kein
Ohr
Zu
vernehmen das nächste Wort
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Video "es war hell geworden" (Youtube 2011)
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Video "es war hell geworden" (Youtube 2011)
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