Meine Enttäuschung wäre ohne Kenntnis der Rezensionen wahrscheinlich geringer gewesen, meine Nachsicht mit dem Pauschalbild sicher positiver. So aber sprangen mir die bedingten Limitationen einer Teil-Gesamtgeschichte einer Epoche und Bewegung ins Auge und in den Sinn und minderten meine Begeisterung. Ich vermochte auch nichts von dem belobigten philosophischen Verständnis entdecken, jedenfalls nicht in der hohen Qualität, die hervorgehoben worden war.
Eine Textstelle über Heidegger soll mein Unbehagen verdeutlichen:
Auszug S. 176-177 als Hinweis, wie pauschal und nichtssagend
Aussagen werden, wenn sie in einem überlangen Werk so viele Aspekte
zusammengerafft umfassen und erklären sollen. Aber die Summierung von Trivia, vielen Allgemeinheiten,
die ohne Tiefgang aneinandergereiht werden, können doch die Phänomene weder
repräsentieren noch erklären. Wozu also? Als allgemeiner Überblick? Was heißt
hier „allgemein“? Worin soll der Wert dieses Allgemeinbildes liegen?
„He
[Heidegger] kept with him only a few manuscripts, including his recent on
Friedrich Hölderlin, whom Heidegger read obsessively. The great local poet of
the Danube region, born in 1770 in Lauffen and suffering from bouts of insanity
all his life, Hölderlin had set much of his visionary poetry in the local
landscape, while also evoking an idealized image of ancient Greece – the very
combination that had always fascinated Heidegger. The only other poet who would
ever be so important to him was the even more disturbed Georg Trakl, an
Austrian schizophrenic and drug addict who died aged twenty-seven in 1914.
Trakl’s eerie poems are filled with hunters, young women and strange blue
beasts stepping through silent forests by moonlight. Heidegger immersed himself
in both poets, and generally explored the question of how poetic language can
summon forth Being, and open a space for it in the world.”
Höchst fragwürdig oder falsch:
local poet of the Danube region
Transportiert
das Bild des Provinzlers.
suffering
from bouts of insanity all his life
Nicht belegt, dass er sein ganzes Leben daran litt.
Klischee.
local
landscape, while also evoking an idealized image of ancient Greece
Wiederholung des lokalen Images, als ob das sein
Hauptaugenmerk neben der Griechen-Orientierung gewesen sei. Diotima und
Hyperion als „land scape“? Und die
epochalen Übersetzungen? „land scape“?
Hölderlins Sprachmeisterschaft, die Heidegger
faszinierte, und nicht primär die sprachliche Landschaftsmalerei, wird damit
übergangen. Der Gehalt und Hintergrund des Fokus auf Griechenland, seine Werte,
wird nicht bedacht, sondern in der kurzen Erwähnung gekappt.
the very
combination that had always fascinated Heidegger
Nein, Heideggers Faszination war nicht sei je (was soll
übrigens so eine dumme Behauptung?) dieselbe wie von Hölderlin, er unterscheidet
sich von Hölderlin. Was ihn faszinierte, war das Sein des Seins und die
Sprache, die spricht. Hölderlin war ein herausragender Vertreter, ein
Hoherpriester davon.
the even more disturbed Georg Trakl
Woran bemisst die Autorin die Grade der Schizophrenie oder Geisteskrankheit? Auf welche Belege stützt sie ihre Behauptung (Hölderlin gestört, Trakl noch mehr oder extrem gestört [krank, wirr, wahnsinnig]?
Trakl, an
Austrian schizophrenic
So einfach machten es sich nicht einmal Feinde des
Poeten!
Trakl’s
eerie poems are filled with hunters, young women and srrange blue beasts
stepping through silent forests by moonlight.
So beschreibt ein High School kid, ungebildet und
beschränkt, etwas durch banale Aufzählung, was verstehend nicht erfasst worden
ist. Peinlich. Trakls Gedichte sind vielleicht auch „eerie“, aber es bei dieser
Etikettierung zu belassen heißt, falsch attributieren und klischiert
kategorisieren.
Wie soll ich da noch Vertrauen aufbringen und weiterlesen? Liefert Bakewell überall ihre Oberflächenmalerei vom schielenden Sartre, der rührigen Feministin de Beauvoir, des zum Feind gewordenen Camus', des Magiers von Meßkirch, des armen Husserls, des gescheiten Merleau-Ponty oder des religiösen Jaspers? Soll es beim Bild von Cocktails schlürfenden "Revolutionären" bleiben, die im Café von Freiheit und Sein quatschen, während die Gesellschaft in Brüche geht, zum X. Male?
Nein, kultürlich nicht, denn "Nothingness has a certain something" (Maslin) und die Autorin "asks demanding questions about the ways in which people think about themselves" (Mendelson). Vielleicht ist das Niveau in den USA schon so gesunken, dass die biografischen Narrationen schon genug sind fürs Verständnis?
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