Freitag, 23. März 2018

Europaweites Bibliothekssterben

Das Ende der Bücherei

In Grossbritannien werden die Gelder für Gemeindebibliotheken immer knapper. Viele sind von der Schliessung bedroht. Aber die Büchereien dürfen nicht aus der Nachbarschaft verschwinden.
Marion Löhndorf, NZZ  23.3.2018

---------------------------------------------------------------

Bei uns in Österreich gibt es zwar Jubelaufmerksamkeit für runde Feste, z.B. die Feier der Nationalbibliothek, die ja mit ihrem Prunksaal sooo schön und wertvoll ist, dass sogar Leute, die sonst nie an Bücher denken, plötzlich stolz auf diese Bibliothek sind.

Im Alltag aber, wo Kultur in der Praxis sich bewährt, bewähren soll und muss, herrscht ein gravierendes Desinteresse an Büchereien und Bibliotheken. Viele Büchereien haben nur noch wegen der Volksschulkinder und deren Mütter überhaupt nennenswerten Besuch. Generell aber fristen sie ein Schattendasein und werden nicht oder kaum genutzt. Da helfen auch die hunderten von Animierprogrammen, auch wenn sie moderne, chice, englischsprachige Titel tragen, nicht. Lesen ist keine Tugend mehr und Bibliotheken sind offensichtlich, vielleicht mit Ausnashme der ÖNB und einiger Universitätsbibliotheken, obsolet.

Das findet man im gesamten EU-Raum, auch in den USA. Eine verfehlte Bildungspolitik zeigt ihre Früchte der Demontage und Kulturverdünnung.

Wir sehen gut gemachte Dokumentationen aus Drittwelt-Ländern oder anderen Gesellschaften und Kulturen, erfahren, wie dort, weil allgemeiner Mangel herrscht, Bibliotheken geschätzt werden oder wie in Ländern mit Zensur und Staatsmeinungsterror kleine Bibliotheken Altrnativen bilden, um "freies Denken" über freie Lektüre irgendwie wenigstens zu gewährleisten.

Bei uns gibt es keine echte Wertschätzung der Büchereien und Bibliotheken. Wir stellen z. B. mit unserer Bibliothek GLEICHGEWICHT eine hochwertige Sortierung zur Verfügung, aber die Wege von Mistelbach und Gänserndorf, wo die beiden nächsten Gymnasien sind, scheinen zu weit, zu beschwerlich, als dass Lehrende und Lernende kämen, erkundeten und läsen. Als wir vor einigen Jahren alle Büchereien im Weinviertel über e-mail kontaktieren, reagierte eine (!) Mitarbeiterin einer Bücherei. In Telefonaten mit den Direktorinnen der Gymnasien in den Bezirkshauptstädten Gänserndorf und Mistelach luden wir die Lehrkörper ein, aber ohne Erfolg: keine Reaktion.

In Gesprächen erklären Büchereimitarbeiterinnen, dass das "normal" sei, was wir eigentlich erwarteten. Wir scheinen Träumer zu sein, unverbesserliche Naive, die noch Bücher, ganz altmodisch, wertschätzen und meinen, Lektüre habe ihren Wert, wie die Bücher auch, erst recht, wenn sie an einem Ort versammelt sind. The smart generation reagiert anders, sagt es anders, verhält sich anders. .

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen