Haimo L. Handl
Fabelhaft
Gewisse Begriffe sind besetzt. Lügenpresse ist so einer,
oder fake news und postfaktische Fakten. Einige sind frei, vorläufig zumindest.
Wie lange noch? Ich schlage vor, gewisse postfaktische Behauptungen bzw.
Zitate, die keine echten sind, aber so aussehen, als „fabelhaft“ im Sinne der
Fabel, des Märchens, zu benennen. Der Fall Menasse hat viele guten Geister dazu
gebracht, öffentlich Farbe zu bekennen. Etliche verteidigten den Fälscher und
Lügner Menasse, als ob sie Priester wären mit der Autorität zur Absolution und
befanden, dass Menasse sich höchstens der lässlichen Sünde schuldig gemacht
habe und fanden im Übrigen nur gute Worte für den guten Menschen RM. Sogar der
sonst so gescheite Philosoph Liessmann ließ sich hinreißen laut nachzudenken
über die Frage „Dürfen Dichter lügen?“, um die es nie gegangen war und um die
es nicht geht. Fiktionales Schreiben, Dichten, wie einige es etikettieren, ist
nicht Lügen. Fiktion mit Lüge gleichzusetzen ist schon ein Missverstehen,
typisch für unsere Zeit.
Das Operieren mit fake news ist nicht nur eine amerikanische
Spezialität, sondern auch eine Domaine rechtsgerichteter, nationalistischer und
chauvinistischer Politiker in Europa. Ein französischer Abgeordneter behauptete
kürzlich, Macron wolle den Deutschland Elsass-Lothringen „schenken“. Auf diese
fake news angesprochen meinte er verschmitzt lächelnd, es ging ihm um das
Anstoßen einer Diskussion und einer Warnung, nur so könne er entsprechende
Aufmerksamkeit erlangen.
Das britische Brexit-Drama hat nicht nur Unterhaltungswert,
sondern schürt ebenfalls Ängste. Heimische Firmen fürchten Geschäftseinbußen.
Und? Die Deutschen vor allem, aber auch Österreich, wollen den Briten helfen,
wo es nur geht. Aber die Briten haben zwei Jahre Zeit gehabt, haben selbst
entschieden. Was soll der Zirkus? Gehen Geschäftsinteressen vor? Fast könnte man
es meinen. Aber es wäre an der Zeit, konsequent zu bleiben und den Brexit
durchzuziehen, ohne jeden Aufschub. Hart auf hart. Unsere Geschäftsjammerer
würden ja mit jedem alles machen, solange es für sie ein Geschäft ist. Mit
Putin, mit den Saudis, mit den Israelis, mit den USA und auch mit Britannien.
Es werden Konzepte geprüft, wie man die Folgen des harten Brexit aufweichen
könne, wie man dennoch unbeschadet mit den Briten Geschäfte machen könne ohne
Zölle oder Sondersteuern. Hoffentlich unterbindet das die EU und legt
Strafzahlungen jenen Ländern auf, die ausscheren.
Bei uns in Österreich üben sich vor allem die Freiheitlichen
in fake news und entsprechender Aufmerksamkeitsgewinnung. Da werden
Pauschalverdächtigungen in die Welt gesetzt, die sich mit keinen Zahlen belegen
lassen, aber in den Medien präsent bleiben und die Stimmung im Sinne der Angst-
und Neidpolitik der F-ler befördern. Mit Menasse dürfen sie ungeniert behaupten
„Was kümmern uns Fakten oder belegbare Zahlen“, es gilt der Sinn… Also malen
die F-ler von Wien ein Bild, als ob alle Tschetschenen außerhalb
Tschetscheniens in Wien auf Kosten der österreichischen Steuerzahler hausten
und die SPÖ praktisch der Wegbereiter einer Tschetschenen-Mafia sei. Sogar das
Bubi, das sonst smart zurückhaltend bleibt, wandte sich untergriffig gegen die
faulen Sozialschmarotzer in Wien, die dank der Wiener Mindestsicherung nicht
arbeiten, sondern spät aufstehen und die armen Kinder alleine aufstehen lassen.
Belege? Wer braucht denn die? Als ob sie
von Menasse gelernt hätten, reicht der Rekurs aufs Vordergründige, auf die
Annahmen, die Indizien. So verstärkt man nicht nur fake news, sondern vergiftet
das Rechtsempfinden, alles, um die spießerhafte Politik der Rechtsradikalen im
Verein mit den Wirtschaftsinteressen abzusichern. Die Mehrheit der Bevölkerung
nimmt das nicht nur hin, sondern applaudiert sogar. Der Zuspruch für den kurzen
Kurz ist enorm.
Dieselbe Regierung, die Wien verdächtigt und gegen die
Landesregierung einen Propagandafeldzug führt, versucht andererseits in
Großbritannien Firmen zum Umzug nach Wien zu bewegen. Man stelle sich vor: eine
Regierung mit Beteiligung der F-ler will Firmen hereinholen. Auf was hin?
Weltoffenheit nach Facon der F-ler, wie man sie bei Kickl und Vilimsky
nachlesen kann oder dem notorischen Rechtsaußen Gudenus? Die reinste Peinlichkeit,
geführt vom türkisen Bubi.
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