Abfallliteratur
Haimo L. Handl
In meiner Jugend sprach man nicht von Trash-Literatur,
sondern von Schund. Und, naturgemäß, was die Schulbehörden, die Lehrer, die
Pfaffen und anderen Vorgesetzten verurteilten, verteufelten, verfolgten, weckte
um so größeres Interesse. Irgendwie wurde die Schundliteratur dadurch
unverdient aufgewertet. Ich nahm mir also auch so billige Krimis und
Liebesromane vor und war nach kurzem Lesen erstaunt, dass es sich wirklich um
Dreck, billigste Pseudoliteratur handelte: die überaus stereotypen
Handlungsmuster, armselig, ohne Tiefgang und Überraschungsmomente, platt
gezeichnet, damit sogar die Dümmsten noch dran bleiben, die einfache Sprache,
ohne jede Autoreneigenheit, simpel und austauschbar wie nur was, waren mir damals
schon aufgefallen und haben mich gelangweilt. Da waren die Sprechblaseninhalte
von Micky Mouse oder Dagobert Duck und Daniel Düsentrieb sogar besser; ich
konnte mich für beide nicht erwärmen. Obwohl viele Märchen, die ich schon früh
verschlang, auch in einfacher Sprache erzählt und aufgeschrieben waren,
verströmten sie einen Zauber, den die Heftchengeschichten nie und nimmer
erreichten. Die Märchen waren tiefgründig, die Heftchen oberflächlich (später
wusste ich sie als simpelste ungeistige Wichsvorlagen zu kennzeichnen).
Ich hatte früh zu lesen gelernt und fand interessanten Stoff
im heimischen Bücherregal. Was dort nicht war, bot die Bücherei. Zu Hause gab
es kein explizites Verbot der Schundliteratur, aber jedem Jugendlichen waren
die Ohren voll mit den dauernden Ermahnungen der Lehrer und Pfarrer. So kurz
nach dem Krieg half wahrscheinlich vielen von ihnen die Insistenz auf
anerkannte, approbierte Sauberkeit zur Werteverteidigung und zur Neuetablierung
von so etwas wie Kultur, die durch die Barbarei der Nazis und ihrer Mitläufer
bzw. der braven Bevölkerung zu dramatisch fast alles zerstört und vernichtet
hatte. Die Tragweite der Untaten und ihr kulturelles Nachwirken erfasst ich
erst später. Trotzdem, damals übertrug ich das Urteil „Schundliteratur“ auf die
billigen Massenprodukte, die mich anödeten. Vielleicht waren sie für die
vielen Ungebildeten geschrieben, so, wie die massenhaften Fotoromane die
„Comics“ für die schieren Analphabeten waren. Dass die Werthintergründe für die
Kampagnen gegen den Schund andere waren als mein einfaches Reagieren auf
Sprachdürftigkeit, beschäftigte mich damals nicht.
Nach und nach las ich neben den typischen Jugendliteraturen,
also Werken, von denen allgemein angenommen wurde, dass sie die Jungen
interessieren und ihnen positive Werte vermitteln, wie die Geschichten und
Romane von Mark Twain, Daniel Defoe, die Bildergeschichten von Wilhelm Busch
und Heinrich Hoffmann, die damals noch keine Trigger Warnings
hinsichtlich politischer Unkorrektheit aufwiesen, sogar ein typisches
Mädchenbuch wie „Trotzkopf“ von Emmy von Rhoden war dabei, Bücher von Astrid
Lindgren oder Selma Lagerlöf, deren Geschichte „Die wunderbare Reise des
kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen“ mich ungemein beeindruckte und
später zum dänischen Dichter Jens Peter Jacobsen führte, von dem ich heute noch
einige Gedichte auswendig kenne und mich sogar an Textpassagen einiger seiner
Novellen erinnere. Zu Hause waren auch Bücher von Knut Hamsun im Regal, die ich
aber nach kurzem Anlesen nicht weiter beachtete. Ich probierte Peter Rosegger,
den ich aber sofort zurücklegte, weil mir die Waldheimatkultur zu fremd und
wohl auch zu verlogen erschien. Etwas besser erging es Ludwig Ganghofer, dessen
Schwulst im christlichen Heimatgedusel mich dann aber von seinen ach so schönen
Geschichten (damals wusste ich noch nichts von seiner kriegsbegeisterten
Haltung) entfremdete. Fast alle ländlichen Autoren meiner Heimat lagen mir
fern, konnten weder meine Neugierde noch mein Hunger nach Literatur stillen
(von Franz Michael Felder las ich damals leider nichts; er wäre vielleicht eine
Ausnahme geworden).
Aufgewachsen in einer Kleinstadt war mir „das Land“ düster,
zurückgeblieben, feindselig. Die Schulfreunde und deren Familien, die ich
besuchte, pflegten eine Kultur, die meist nicht meiner entsprach. Ich erinnere mich,
wie der Vater der Frau, die ich leider sehr früh mit 20 Jahren heiratete, sich
heftig dagegen wandte, dass ich Nietzsches Werke, das Teufelszeug des
Antichristen, daheim hatte. Nach und nach färbte die dumpfe, engstirnige,
bornierte Landkultur mit ihrem Gemisch von Weihrauch, Prozessionen und
schwätzenden Kirchgängern in mir das Schreckbild einer Unkultur, die sie ja in
vielen Aspekten auch war.
Über das Theater kam ich zur dramatischen Literatur und über
diese zur Literatur der Nachkriegszeit, insbesondere aus England und
Frankreich. Nur langsam öffnete sich die deutsche Literatur für
Modernisierungen und Reinigungen nach dem Blutbad der Nazibarbarei. Es war ein
Glücksfall, da die Bücher aus Frankreich und England bzw. den USA übersetzt
bekommen zu können (damals konnte ich noch kein Englisch). Das war neuer Wind,
das war neue Sprache, das schien mir qualitativ hochwertig. Kein brauner Sumpf,
kein Nachwehen aus dunklen Wäldern, sondern Urbanität, wenn auch mit Problemen.
Aber Paradiese suchte ich nicht, diese Zeit war mit den Märchen vorüber.
Da waren also D. H. Lawrence, Virginia Woolf, Elizabeth
Bowen oder, als Olympier, James Joyce, dessen Portrait mich an meine kurze
Internatszeit in Tirol bei den Serviten erinnerte, die ich noch schrecklicher
in Erinnerung hatte, als er erzählte. Da waren auch Graham Greene oder Aldous
Huxley und George Orwell oder Somerset Maugham und Katherine Mansfield. Das
Theater hatte mich ganz gefangen genommen und Autoren wie Samuel Beckett, John
Osborne, Harold Pinter, Tom Stoppard einerseits oder Eugène Ionesco, Arthur
Adamov, Alfred Jarry, Jean Cocteau, Antonin Artaud (damals von mir extrem
überschätzt, wie ich heute meine), Jean Tardieu oder Jean Genet. Das mischte
sich mit den Existenzialisten, vor allem Jean Paul Sartre und seiner Partnerin
Simone de Beauvoir, Albert Camus, Boris Vian, und dann auch anderen Autoren aus
Spanien, Italien und sogar Deutschland oder Polen, wie z.B. Fernando Arrabal,
Max Frisch, Friedrich Dürrenmatt, Wolfgang Hildesheimer, Franz Xaver Kroetz.
Als theoretische Begleitung half Martin Esslin. Über die deutsche Zeitschrift
„Theater heute“ hatte ich auch Sławomir Mrożek oder Jerzy Grotowski kennengelernt. Der Romanist Hugo Friedrich erklärte in seinem
Taschenbuch von Rowohlts deutscher Enzyklopädie die neue Lyrik und vermittelt
mir die Welt französischer und italienischer Poetik; sein umfangreiche Buch „Epochen
der italienischen Lyrik“ steht heute noch, neben anderen Büchern von ihm, in
meiner Bibliothek.
Wenn ich zurückschaue bemerke ich, dass ich kein Fan von
Karl May war, wenig von Edgar Allen Poe las, weniges von Gertrude Stein, mehr
von Mary McCarthy, Henry Miller, einiges von Philip Roth, John Updike, Kurt
Vonnegut, Thomas Pynchon, Sylvia Plath, William S. Burroughs, Hubert Selby,
Norman Mailer, die Autoren der Beat Generation, klar doch (Kerouac,
Ferlinghetti, Ginsberg, Orlando u.a.). Die meisten konnten schreiben und
beherrschten ihre literarische Sprache. Ab den Siebzigerjahren las ich die
Amerikaner und Engländer im Original; endlich konnte ich die mitreißende
Schönheit der Gesänge von Ezra Pound auf mich wirken lassen, T. S. Eliots
Sprachmelodie wertschätzen oder den Witz in den kargen aber kunstvollen
Dialogen von Becketts Figuren genießen.
Über die Zeit entwickelten sich meine Ansprüche und
Forderungen an Sprachvermögen, Sprachempfindsamkeit und –sensibilität, die ich
durch keine pseudoegalitären Einwürfe mindern wollte, die mir auch unter dem
Vorwurf des Elitarismus erstrebenswert
waren und blieben. So konnte ich einerseits das hochentwickelte Deutsch eines
Schopenhauer oder Nietzsche schätzen, andererseits die Literarität von Freud
anerkennen, wogegen die fachlich vielleicht geschulten, sprachlich aber
holprigen Autoren einfach abfielen. Kultivierte und sprachkundige Autoren wie
George Steiner oder Theodor Adorno bzw. Paul Valéry oder Karl Kraus und,
später, weil in meiner Jugend ich zu unkritisch den vermeintlich kritischen
Vorgaben der 68er folgte und daher Joseph Roth, Hugo von Hofmannsthal oder auch
Ernst Jünger und Rudolf Borchardt links liegen ließ, eben besagter Rudolf
Borchardt, begeisterten mich und vermittelten tiefe Eindrücke, machten
Denkprozesse klarer, schälten verborgene Schönheiten heraus, die mich wiederum
befähigten, einige Klassiker „neu“ oder „frisch“ zu lesen, mich ihrer
Sprachwelt anzunähern, seien es die Welten der Weimarer Klassik von Goethe oder
die von Hölderlin. Ich lernte zu unterscheiden zwischen Werk und Person,
zwischen Biographie, Lebenswelt und Sprache. Da öffneten sich Werke wie die
Göttliche Komödie von Dante, obwohl mir die Figur des Autors nicht sympathisch
war, was auch auf Hölderlin zutrifft. Aber ob einer oder eine ein Ekel war, ein
arroganter Schnösel, wiegt weniger als das Produkt seiner oder ihrer Sprachmeisterschaft.
Borchardt muss furchtbar anstrengend gewesen sein, Benn ein erzkonservativer
Typ mit Nazischlagseiten und völkischem Gedankengut; aber viele seiner Gedichte
gehören zum Besten deutscher Lyrik, die ich nicht missen möchte. Hölderlin hat
nationalistisch als „deutscher Jakobiner“ sich geäußert. Aber das unterminiert
nicht seine einsame Höhe, die er als Dichter erklomm. Und ob Goethe ein
systemaffirmierender Geist war, wiegt nicht im Vergleich zu seinem Werk, seiner
Weltäußerung.
Je höher die Qualität, desto mehr Toleranz gegenüber der
Person des Autors, desto breiter und tiefer die Freude, die Wertschätzung, weil
er in seinem Werk hinsichtlich der Qualität intolerant, unbeugsam war. Es sind
die Bequemen, Bornierten, Dummen, oberflächlich Geschäftigen, die mich nerven
und enttäuschen und ärgern. Das Hohle, Stereotype, aus Unvermögen Beschränkte
stört und widert mich an. Ich kann an den Schreien, dem Geblöke, den
Sklavensprachen keinen Gefallen finden. Das ist und bleibt Schund und Trash und
Abfall.
„Ist das Literatur – oder kann das weg?“ fragt in typischem
Kanakendeutsch die aus Leipzig (Jahrgang 1966) stammende Autorin Susann Klossek
in einem Artikel, der kürzlich im Literarischen Monat (Schweiz) Ausgabe 32,
erschien. Gleich nach dem einladenden Titel lautet der erste Satz ganz
programmatisch und symptomatisch für die herrschende Unbildung:
„Wer den Trash nicht zu schätzen
weiss, ist die anspruchsvolle Literatur nicht wert. Wer hat das gesagt? Ich.
Trash hat ebenso eine Daseinsberechtigung wie jede andere Art von Literatur, ob
sie sich nun Erotica oder Pulp nennt, Pop oder Beat – oder ihr hochkulturelle
Weihen zuteilwerden, woraufhin sie dann unter «Kunst» firmiert – eben weil es
jemand als solche bezeichnet hat.“
Zuerst einmal, Trash nicht zu mögen heißt nicht, ihm die
Daseinsberechtigung abzusprechen. Der lieben Leipzigerin geht es ja darum, dass
man den Trash schätzen müsse, damit man die anspruchsvolle Literatur hochwerten
könne. Das ist so unlogisch oder blöd wie jene Vulgärküchenpsychologie die
meint, man müsse Gewalttäter sein, foltern und morden, um das Gegenteil, den „Gesunden“
oder „Normalen“ richtig schätzen zu
können. Was aber, wenn es beim Groben, Blöden, Ungestümen bleibt? Frau Klossek
tut so, als ob die Elite das Wort führe und die armen, einfachen Menschen ihres
Rechtes beraubt werden, das Dumme, falsch Einfache, Abfällige, Abfallartige,
eben den Schund und den Trash, zu konsumieren. Das Gegenteil ist der Fall. Und
es ist nicht neu. Vor 201 Jahren schrieb der italienische Dichter Giacomo
Leopardi aus seiner Geburtsstadt
Recanati an Pietro Giordani (30.4.1817):
„Hier, mein liebenswürdigster
Herr, ist alles Tod, Mangel an gesundem Menschenvertand, Dummheit (…) Die
Vokabel ‚Literatur‘ hat man nie gehört. Die Namen Parini, Alfieri, Monti, Tasso
und Ariost muß man kommentieren. Es gibt keinen Menschen, der sich bemühte,
etwas zu werden, keinen, dem die Bezeichnung ‚Ignorant‘ merkwürdig schiene.“
Seit dem 2. Weltkrieg hat sich die Kultur- und
Bewusstseinsindustrie besonders auf die Massenkonsumenten und ihre niederen
Geschmäcker ausgerichtet; das Ungebildete, schier Ungeformte breitet sich wie
eine Pandemie aus und erlaubt es den davon nicht Infizierten kaum noch Nahrung
zu finden. Denn, so Frau Klossek, das ehemalige DDR-Kind:
„Aber was gibt es Schöneres, als
Geist und Verstand abzuschalten und nach ein, zwei Gin Tonics in einen
Groschenroman einzutauchen? Schlecht geschrieben von einem Arzt, dem irgendwann
die Patienten abhandengekommen sind.“
Ja, die einfachen Gemüter. So simpel sind sie
zufriedenzustellen. Die Sehnsucht nach Abschalten, nach Zerstreuung war und ist
nicht nur im ausbeuterischen Westen gegeben, sie grassierte auch im
Realsozialismus. O Jammer, o Schreck. Es herrscht das Programm GEIST UND
VERSTAND abschalten. Trash culture! Die passt in unsere Wellness- und
Spaßkultur. Trash-Pornos, Trash-Filme, Trash- oder Reality-TV (wie
eindrucksvoll hier reality mit trash gekoppelt wird!) Trash-Music, Trash-Art,
Trash-Lit.
Nur, der essentielle Unterschied zum wirklichen Trash, zum
Abfall, ist, dass der inszenierte Trash Wert hat und teures Geld kostet. Die
zerschliessenen Designerjeans sind nicht armselig abgetragen, sie sind
kunstvolle Designprodukte der Als-Ob-Welt. Trash-Art von anerkannten Künstlern ist am Markt zu
Hochpreisen gehandelt und in X Auktionen und Museumsausstellungen als Trash
besonderer Art geadelt. Trash ist nicht gleich Abfall sondern mehr genialer
Einfall für Profite. Der artige Trash erscheint wie der auf den ersten Blick
als kultiviert Erscheinende, der erst bei näherem Blick die Täuschung, den
Betrug offenbart. Vordieser Folie ist der gewöhnliche Trash der Fernseh-Serien
und Schundliteratur zu kontrastieren. Die Unterschichtler nehmen den Trash wie
ihn Frau Klossek als Glücksbefriedigung beschrieben hat im Akt der Abschaltung.
Trash ist die billige Droge der Dummen.
Es gibt zudem Zwischenstufen. Auch sonst gebildete Kritiker
und Vermittler entblöden sich nicht, hie und da nicht nur mit Stilblüten
peinlich aufzufallen, sondern richtig dummes Zeug zu schwätzen, vielleicht,
weil sie zu sehr die Maximen des Aufmerksamkeitsmanagement beachten. So las ich
vom deutschen Kritiker und Kulturvermittler Denis Scheck in der WELT vom
20.6.2018 die bemerkenswerte Aussage „Diese Autorin nicht zu lesen, ist reiner
Masochismus“. Bumm! Ätsch, Aua! Früher, als die Trash-Lit noch Schundliteratur
genannt wurde, meinte man unter Anderem: „Was man nicht weiß, macht einen nicht
heiß.“ Nix da. Scheck kommt und sagt das Gegenteil. Masochismus nicht als
transitive Aktivität. Nein, schon das Nichtwissen, die Abstinenz, ganz zu
schweigen von der intendierten Ablehnung, wird als Masochismus gebrandmarkt.
Herr Scheck weiß, er und wir leben als Perverse in einer widernatürlichen
Gesellschaft, wovon uns sein Rat, wie der des früheren Oberlehrers, zu retten
vermag: folge mir, lies, und komme über den Masochismus hinaus. Vielleicht
sollte das auch Frau Klossek bedenken, wenn sie so unvorsichtig den niederen
Freuden frönt, einfach Geist und Verstand bei Alkohol abzuschalten? Herr Scheck
wird noch deutlicher:
„Dorothy L. Sayers zu vergessen,
grenzt nicht bloß an kulturelle Barbarei. Dorothy L. Sayers zu vergessen, ist
literarischer Masochismus, denn man betrügt sich um eine der vergnüglichsten
Lektüreerfahrungen überhaupt.“
Nach der Nazibarbarei und der darauffolgenden der hinkenden
Vergangenheitsbewältigung jetzt die fortauernde des literarischen Masochismus,
allein, weil die Ignoranz einen ums Vergnügen bringt. Klingt wie von einem obsessiven Sektenprediger, der die anderen,
die Ungeweihten, Fernen, Ungläubigen unbedingt missionieren, überzeugen will.
Allerdings verstehe ich die Logik seiner Aussage nicht ganz. Er redet von
„vergessen“. Aber vergessen kann man nur, was man einmal wusste. Auf die
Autorin und ihre Krimis übertragen hieße das, dass sie ehedem gelesen worden
waren, dann aber vergessen wurden, was einen Skandal darstellt, einen Akt des
Masochismus in der Verweigerung möglicher Vergnügungserfahrungen.
Mir drängt sich ein Gedanke von Paul Valéry auf:
"Welche Schande, zu
schreiben, wenn man nicht weiß, was Sprache, Wort, Metapher sind, Gedankenübergänge
und Wechsel im Ton; wenn man die Struktur der zeitlichen Folge eines Werks und
die Voraussetzungen für seinen Schluß nicht begreift, kaum das Warum kennt und
schon gar nicht das Wie! Die Scham darüber, eine Pythia zu sein..."
Das kennt der Literaturkenner sicherlich. Aber er scheint es
in seinem Masochismusgefummel vergessen zu haben. Kennt Frau Klossek diesen
Satz, diesen Autor? Sie hat zwar nicht Romanistik studiert, aber Germanistik
und Slawistik. Andererseits: Literatur auch gehobener Schriftsteller ist doch
nicht nur Professionellen vorbehalten! Valéry hat auch geschrieben, was wie ein
Programm klingt:
"Mit Sorgfalt zu schreiben
und zu denken ist eine Anstrengung gegen die Durchschnittssprache."
Was, wenn aber der Durchschnitt oder das Untere das Ziel
ist, wenn Abschalten von Geist und Verstand die angenehmste Kulturübung bilden?
Dann haben Autoren wie Valéry eben nichts mehr zu sagen. Auch andere, die als
ELITÄR verschrien sind, haben zu schweigen. Für das Schweigen im Walde und in den
Städten bedarf es der Trashigen. Alle anderen stören nur. Wie Susann Klossek im
Schlusssatz klar befindet:
„So oder so: die zwei
elementarsten Fragen zur Schundliteratur lassen sich immerhin recht eindeutig
beantworten: Wer druckt das Zeug? Und wer wird es lesen? Millionen, liebe
Literaturfreunde, Millionen!!!“
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