Mittwoch, 1. November 2017

Bildungskatastrophe

Der Terminus '"Bildungskatastrophe" wurde bereits 1964 vom Philosophen und Pädagogen Georg Picht geprägt und hat die frühen Bildungsreformen in Deutschland mitbestimmt. Sein Begriff unterscheidet sich aber wesentlich von den heutigen Forderungen, die sich primär auf Kompetenzen konzentrieren und Wissen als Bildungsgut vernachlässigen bzw. als obsolet außer Acht lassen.

Heute lesen wir fast keine kritische Infragestellung der sogenannten Bildungsreformdebatte, die zu einem Kreuzzug profitorientierter Kompetenzvermittler verkommen ist. Eine dieser seltenen Ausnahmen stellt der Wiener Philosoph Konrad Paul Liessmann dar, der einerseits vom "Verschwinden des Wissens" spricht (NZZ, 15.9.2014), andererseits in einem kürzlichen Artikel (NZZ, 16.10.2017) seinen Bildungsbegriff präzisiert: Bildung bedeutet Begabung zum Menschsein.

Der Fokus auf Kompetenzen kommt einer Konzentration auf Methodik und Methodeneinsatz gleich unter gleichzeitiger Vernachlässigung des Gegenstandes, der mittels der Kompetenzen, der Methoden, erforscht und bedacht, gedacht oder überdacht werden soll. Methodik als Inhaltsersatz für eine sinnentleerte Gesellschaft, die objektivierbares Wissen, INHALTE, Qualitäten nicht mehr beachtet,. ja sie aus dem Wahrnehmungsfeld tilgen will. Liessmann, der dieses Unterfangen, diese Manmöver als Beitrag zur Unbildung hinstellt, hat völlig recht. Die systematische Unbildung zerstört nicht nur Bildung in ihrer früheren Qualität und Form, sie unterminiert die kulturellen Grundlagen und ebnet der neuen Barbarei den Weg.

Siehe auch die Auswahl von Haimo L. Handls Kolumen
"Das Wort zum Sonntag:


Schülerkompetenz
Ausbildung ist Bildungaus
Kurzlesen
Die neue Unmündigkeit
Bildung als Education
Wissen wissen
Lehrer schuldig
Bildungsbehinderung



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