Haimo L. Handl nennt seine jüngste Kolumne vom 6.5.2012 "
Vergeuden". Ein Leser hat kommentiert.
Deshalb hier ein kurzer etymologischer Hinweis:
vergeuden Ztw. Im ältern Nhd. geläufig z. B. bei Luther, dann ausgestorben
und von der Schweiz aus seit etwa 1740 erneuert in der Dichtersprache (z. B.
Bodmer 1754 Gedichte S. 31) und als neueres Dichterwort dann bei Mylius 1777
Hamiltons Märchen S. 578 gebucht. Es beruht auf mhd. giuden (übergiuden) schw.
Ztw. ‚prahlen, groß thun, prahlerisch verschwenden’; ahd. *giwidôn fehlt. Got.
*giwiba könnte auf ahd. gëwôn ‚den Mund aufsperren’ (s. gähnen) weisen.
verschwenden Ztw. aus mhd. verswęnden, zerbrechen, vernichten, verzehren’, das
als Faktitivum zu mhd. verswinden = verschwinden eigtl. ‚machen, daß etw.
verschwindet’ bedeutet.
Kluge, Etymologisches Wörterbuch
5. verb. Aufl. 1894
Synonyme:
vergeuden
16 Synonyme in 2 Synonymgruppen
Bedeutung: durchbringen
[Verb]
Bedeutung: verschwenden
[Verb]
Siehe
auch Eintrag BEOLINGUS (De-En)
392. Durchbringen 1). Vertun 2).
Verschwenden 3). Vergeuden 4). Verschleudern 5).
1)
To consume, spend. 2) Spend in trifles. 3) Lavish, waste. 4) Waste,
|
dissipate. 5) Squander,
throw away.
|
1) Consumer
(dissiper, manger). 2) Dépenser (pour les bagatelles).
|
3) Prodiguer.
4) Dissiper (manger). 5) Perdre
(dissiper).
|
1) Consumare
(spendere). 2) Spendere (per bagatelle). 3) Dissipare
(sprecare).
|
4) Scialacquare. 5) Dissipare
(buttar via).
|
Vertun ist der allgemeinste Ausdruck und
bedeutet überhaupt, Geld für unnütze Dinge ausgeben. Ein Vermögen durchbringen
heißt, es für Genüsse völlig verwenden, ohne daß man von dessen Anwendung
ferner einen Nutzen hat. Verschwenden (eig. verschwinden machen)
drückt aus, daß die Verwendung des Geldes auf eine unverständige und maßlose
Weise geschehe, vergeuden (mhd. giude, geude, = Freude, giuden,
geuden, = in geräuschvoller Freude sein, prahlen, groß tun, prahlerisch
verschwenden) aber vereinigt die Begriffe von vertun und verschwenden
und bedeutet also, Geld auf etwas Ungehöriges in maßloser und prahlerischer
Weise verwenden. Verschleudern heißt, sich einer nutzbaren Sache wie
einer unnützen Last eilig entäußern und diese gegen eine andere von weit
geringerem Werte weggeben. Es kann einer sein Geld auf Reisen durchgebracht
haben, auch wenn er es bloß für nötige Bedürfnisse ausgegeben und für keins
zuviel bezahlt hat; er hat es aber auf Reisen vertan, wenn er es für
Dinge ausgegeben hat, die für ihn keine nötigen Bedürfnisse waren, und verschwendet,
wenn er übermäßigen Aufwand gemacht und alles in gedankenloser Weise über
seinen Wert bezahlt hat. Ein Kaufmann verschleudert seine Waren, wenn er
sie unter dem Preise verkauft. Was man vertut, das geht bloß für uns
verloren, was man durchbringt, das geht zu andern über, indem man es vertut;
was man verschwendet, davon verwendet man mehr, als man sollte; was man vergeudet,
das verwendet man in der Lustigkeit zu einem Zwecke, zu dem man nichts
verwenden sollte, und was man verschleudert, das gibt man gegen etwas
hin, das einen geringeren oder gar keinen Wert hat. — Hierher gehören auch die
Ausdrücke verprassen, verschlemmen, verschwelgen, verjubeln. Verprassen
hebt hervor, daß das Verschwenden von Hab und Gut durch allerlei üppige und
übermäßige Genüsse geschieht. "Ich bin | noch rein, ein dreiundzwanzigjähr'ger
Jüngling. | Was vor mir tausende gewissenlos | in schwelgenden Umarmungen verpraßten,
| hab' ich dem künft'gen Herrscher aufgehoben." Schiller, Don Carlos 9, I.
Verschlemmen (von schlemmen, mhd. slemmen, von mhd. slamp,
Gelage; niederl. slemp bedeutet: leckere Mahlzeit) und verschwelgen
(von schwelgen, aus mhd. swëlgen, schlucken, verschlucken,
saufen) haben ähnliche Bedeutung wie verprassen; sie drücken aus, daß
das Verschwenden durch Schlemmerei und Schwelgerei geschieht.
"Wir verschlemmten und verschleuderten das Unsere
nicht." Engel. Verjubeln weist darauf hin, daß Geld und Gut durch
ein Leben in Lust und Freude verschwendet wird. Mancher verjubelt
sein Geld bei Tanz und Spiel. Für verjubeln werden zuweilen auch die
volkstümlich derben Ausdrücke verjuxen und verjuheien (auch verjuchhehn)
gebraucht. — Verschwenden und vergeuden werden auch in
übertragenem Sinne von anderen Dingen, als von Geld und Gut, gebraucht, z. B.
"Verschwende nicht | die Pfeile deiner Augen, deiner Zunge! Du
richtest sie vergebens nach dem Kranze, | dem unverwelklichen, auf meinem
Haupt," Goethe, Tasso II, 3. "Mit wahrer Leidenschaft verschwendete
sie den ganzen Reichtum ihrer Liebkosungen, welche ihr die Natur eingab, welche
die Kunst sie gelehrt hatte, an ihren Liebling." Goethe. "Der ich
meine Talente und meine Tage absichtslos vergeudete." Goethe. Die
übrigen Ausdrücke könnten hier nicht gesetzt werden. Vergeuden ist im
allgemeinen ein stärkerer Ausdruck als verschwenden.
Nicht unnötig Zeit vergeuden
Sprachliche Ungenauigkeit:
Vergeudung ist immer negativ, verlangt oder
verträgt keine besondere Bedingungen „unnötig“. „Nicht unnötig Zeit vergeuden“
ist ein Pleonasmus. Denn, könnte man nötig Zeit vergeuden? Nein, dann wäre sie
keine Vergeudung (wenn wir freie Wahl des Handelnden unterstellen). Vergeuden
impliziert negative Konnotationen und Denotation des negativen Verschwendens
(es kann durchaus ein „positives“ Verschwenden geben, sich z. B. im Sex
verschwendend verausgaben).
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