Donnerstag, 16. Oktober 2014

Jahn-Bibliothek: Eintauchen in die Welt Afrikas

Mainzer Uni beherbergt eine der größten und ältesten Sammlungen afrikanischer Literatur weltweit

Eine der größten und ältesten Sammlungen afrikanischer Literatur weltweit ist auf dem Campus der Universität Mainz zu Hause. Im Verfügungsbau SB II gegenüber dem Botanischen Garten ist die Jahn-Bibliothek für afrikanische Literaturen untergebracht. In ihren Bücherregalen finden sich Werke afrikanischer Schriftstellerinnen und Schriftsteller in über 80 Sprachen.

Darunter sind international erfolgreiche Klassiker, aber auch in Deutschland kaum bekannte Werke, Kinderliteratur und Comics, Hörbücher und Literaturverfilmungen. Sekundärliteratur und wissenschaftliche Zeitschriften ergänzen die bemerkenswerte Sammlung, die vor über 60 Jahren von Janheinz Jahn, Übersetzer, Publizistik und Literaturvermittler aus Frankfurt, begründet wurde.

Von Acholi und Bambara bis Yorùbá und Zulu reichen die Sprachen, in denen die Bücher der Jahn-Bibliothek für afrikanische Literaturen geschrieben sind. Die meisten Titel sind aber in den ehemaligen Kolonialsprachen, vor allem auf Englisch und Französisch, verfasst, und viele davon findet man in der Bibliothek sogar in deutscher Übersetzung, was es auch Afrikainteressierten ohne Sprachkenntnis ermöglicht, einen Blick in den literarischen Kosmos dieses Kontinents zu werfen. Als Janheinz Jahn Anfang der 1950er Jahre mit dem Sammeln afrikanischer Literatur begann, galt sein Interesse außerdem den Werken schwarzer Schriftsteller in anderen Teilen der Welt, also afroamerikanischer, karibischer und afro- lateinamerikanischer Literatur. Dieser Zweig wird heute nur noch gelegentlich ergänzt, das Hauptaugenmerk der Bibliothekare liegt auf originär afrikanischer Literatur sowie Sekundärliteratur. 20.000 Titel zählt der Bestand mittlerweile.

„Die Jahn-Bibliothek ist weit mehr als eine Bibliothek im engeren Sinne, mehr als nur eine Sammlung von Büchern, die man ausleihen kann“, erläutert Dr. Anja Oed, seit 2002 wissenschaftliche Leiterin der Einrichtung. „Wir sind hier an einem Ort lebendiger Literaturgeschichte.“ Viele Bücher dokumentieren auf sehr eindringliche Weise die persönliche Anteilnahme der Autoren an der afrikanischen Geschichte. Sie reflektieren die Kolonialzeit, den Kampf für Unabhängigkeit und den Aufbau moderner Nationalstaaten, aber auch aktuelle nationale politische Entwicklungen und Krisen werden thematisiert. Neben frühen internationalen Klassikern wie dem Roman „Things Fall Apart“ des nigerianischen Schriftstellers Chinua Achebe stehen zeitgenössische Titel einer neuen, jungen Autoren- Generation, die längst keine Nischenliteratur mehr sind, sondern globale Bestseller, wie die Werke der ebenfalls nigerianischen Autorinnen Chimamanda Ngozi Adichie, Sefi Atta und Yejide Kilanko – die Liste der Namen ließe sich fast endlos fortsetzen. Aus wissenschaftlicher Perspektive sind unbekanntere Texte, die sich mit ihrem Schreibstil und ihren Themen vor allem an lokale Leser richten, wie etwa Liebesgeschichten oder Detektivromane, allerdings genauso spannend zu untersuchen.

Als Forschungseinrichtung ist die Jahn-Bibliothek dem Institut für Ethnologie und Afrikastudien der Johannes Gutenberg-Universität (JGU) zugeordnet, als Bibliothek gehört sie zur Bereichsbibliothek Ethnologie und Afrikastudien der Universitätsbibliothek. Neben den rund 1.000 Studierenden des Instituts und dessen wissenschaftlichen Mitarbeitern und Forschungsgästen, die die Bibliothek regelmäßig nutzen, können auch Mitglieder anderer Fachbereiche sowie weitere interessierte Leser auf die Schätze der Bibliothek zugreifen.

Trends, die sich international auf dem Buchmarkt und in der Literatur abzeichnen, kann man auch in Afrika beobachten. Dazu gehören Literaturverfilmungen und Hörbücher ebenso wie Comics und Kinderliteratur.
„In vielen afrikanischen Ländern gibt es Initiativen, die versuchen, Kinder fürs Lesen zu begeistern“, erklärt Anja Oed diese Entwicklung, die sich ebenfalls in der Mainzer Sammlung widerspiegelt. Auch Hörbuch- Ausgaben afrikanischer Literatur gibt es mittlerweile auf Deutsch, wie die Edition „Afrika erzählt“ mit Werken einiger der wichtigsten afrikanischen Autoren, aber auch die ursprünglich auf Swahili verfassten Detektivromane um Bwana Msa, den Sherlock Holmes von Sansibar des tansanischen Autors Muhammed Said Abdulla.

20.000 Titel, eine unvergleichliche Sprachenvielfalt mit über 80 Sprachen, ein alter Buchbestand und Raritäten, wie Ausgaben mit handschriftlichen Widmungen von Autoren, und Werke, die teilweise sonst nirgends mehr erhältlich sind – die Jahn-Bibliothek wartet mit Superlativen auf, die sie weltweit fast einzigartig macht.

Auf der Basis von Janheinz Jahns privater Sammlung „neo-afrikanischer“ Literatur ist nach dessen Tod 1973 durch die kontinuierliche Erweiterung am Institut für Ethnologie und Afrikastudien eine international bekannte Forschungseinrichtung entstanden, die von Mainz aus einen tiefen Einblick in afrikanisches Leben gestattet. „Die Schriftstellerinnen und Schriftsteller zeigen uns aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln, was ihnen wichtig ist, woran sie erinnern und was sie verändern möchten, welche gesellschaftlichen und welche persönlichen Probleme sie beschäftigen und was sie sich wünschen, für sich selbst und für die Gesellschaft“, fasst Bibliotheksleiterin Anja Oed die Essenz der Werke zusammen.

Weitere Informationen:

Dr. Anja Oed
Jahn-Bibliothek für afrikanische Literaturen Institut für Ethnologie und Afrikastudien Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU)
55099 Mainz
Tel. +49 6131 39-25933
E-Mail: aoed@uni-mainz.de
http://www.ifeas.uni-mainz.de/338.php

Weitere Links:
http://www.jahn-bibliothek.ifeas.uni-mainz.de/238_DEU_HTML.php
http://www.jahn-bibliothek.ifeas.uni-mainz.de/index.php
http://www.ifeas.uni-mainz.de/

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