Freitag, 14. Oktober 2011

Open Talk

Open Talk: “Wie entsteht neues, innovatives Denken?”

"Neues Denken entsteht durch neue Verbindungen: Durch die Verknüpfung unserer eigenen Gedanken mit denen anderer kommen neue, möglicherweise große Ideen zustande. Wie wird aus einer Begegnung unterschiedlicher Sichtweisen eine neue Herangehensweise? Bringt Konvergenz verschiedener Disziplinen wirklich produktive neue Ansätze? Das war des Thema des ersten Open Talk im Open Space auf der Agora: “When ideas meet: Wie wird aus Begegnungen neues, innovatives Denken?” Wer dabei war? Karin Fischer (Deutschlandfunk), Richard David Precht (Autor und Philosoph), Prof. Gerald Hüther (Neurobiologe), Marion Schwehr (Inititatorin “Streetview” Literaturprojekt) und Juergen Boos (Direktor der Frankfurter Buchmesse)."


Es wird, korrekt, unterschieden zwischen „neu“ und „innovativ“. Aber es wird von der Möglichkeit der Gedankenverbindung gesprochen, und zwar eigener und fremder. Das ist unmöglich. Damit Gedanken interpersonal kommuniziert werden können, müssen sie medialisiert werden, also Ausdruck über Sprache oder andere Symbolsysteme erfahren. Kein Gedanke eines Anderen ist für einen Anderen denkbar, wissbar, verbindbar. (Für viele ist nicht einmal selbst, intrapersonal, eine komplexe Verbindung möglich...)

Also wird das metaphorisch gemeint. Aber die Kürze führt auch zu Fehlschlüssen. Etwas Neues denken ist noch nicht unbedingt etwas Innovatives denken. Innovation bestimmt sich von einer Absicht oder von Absichten, einem Ziel. Neu könnte alles sein, was zuvor nicht gedacht worden war. Das Gedachte als Neues ist nicht unbedingt innovativ. Ob etwas Gedachtes produktiv ist, hängt wieder von anderen Kriterien ab. Es kann auch ein „neuer Ansatz“ (was ist ein „Ansatz“? eine neue Sicht?) zu keinem brauchbaren, produktiven oder produktiveren Ergebnis führen.

Im Blog sind einige Ergebnissätze wiedergegeben. Sie werden als Diskussionsergebnis gehandelt. In einer Stunde haben aber die Beteiligten, höchstwahrscheinlich, keine Zeit für eine Diskussion gefunden, sondern nur für den Austausch von Ansichten, die als Statements oder Argumente geäußert wurden, auf die wahrscheinlich kaum eingegangen werden konnte, weil die Zeit nicht gereicht hätte, auch wenn wer darauf eingehen hätte wollen.

Aber solche Talks, die sogar als „open talk“ bezeichnet werden (wer wird schon ein „closed talk“ offerieren?), sind Demonstrationen, die so tun, als ob sie Diskussionen seien. Auch wenn der Titel sich amerikanisch modern gibt, „When ideas meet“, trafen nur Meinungen aufeinander, weniger Ideen. Nicht jede Meinung ist eine Idee. Oder alles, was kommuniziert ist, wird als Idee gesehen. Das entwertet aber den Begriff der Idee. 
Wie und wann bemisst man eine „große Idee“? Wenn sie neu ist? Für wen neu? Wie kann etwas groß sein, das sich im Rahmen der Profitgesellschaft produktiv-innovativ orientiert bewegt? Ist nicht gerade DAS die Erfüllung des Vorgegebenen?

Warum sprachen die Teilnehmer überhaupt Deutsch? Wären neue Verbindungen nicht eher über eine andere Sprache, die vielleicht anderes Denken determiniert, eher möglich?

Gut, sie machen Kompromisse mit dem anerkannten, geübten Denglisch. Aber das ist zuwenig. So lange sich die Protagonisten so gut verständigen innerhalb einer Stunde, erfüllen sie ein Programm, bleiben sie im Rahmen. Was soll da neu sein?

Die Antworten, die beispielhaft auf der Blogseite wiedergegeben werden, sind alle nicht neu. Wir haben sie oft gehört, gelesen, vorgesagt bekommen. Das wertet sie nicht per se ab. Aber auch nicht auf.

Es zeigt sich: Auf einer Messe, eine Geschäftsaktivität, kann nur bestimmtes Neues, bestimmtes Innovatives erreicht und vermittelt werden. Alles, was das gewünschte, anvisierte, erwartete Neue störte, wird nicht zugelassen. Falls es doch geäußert wird, entsorgt man es als unvernünftig, bizarr, abwegig etc. Die bekannten Sätze, das Ritual des „open talks“, sichern diesen Vorgang. Es geht um als-ob.


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